Aussergewöhnliche Tiersichtungen

Ein wohliger Schauer der Vertrautheit und Freude läuft mir den Rücken herunter, als wir in Maun aus dem Flugzeug steigen und mir der Duft Afrikas in die Nase steigt. Die Menschen um mich herum haben mich mit ihrem ansteckenden Lächeln in Empfang genommen, die typischen Geräusche und die Farbenprächtigkeit erinnern mich an meine vergangenen Reisen. Ich bin glücklich, wieder hier zu sein, in Afrika, wo ich am liebsten bin. Doch die letzte Reiseetappe steht uns noch bevor – und die liegt mir ganz schön auf dem Magen.

Hoch über Waterworld des grössten Binnendeltas der Welt kauere ich auf meinem Fensterplatz im Propellerflugzeug. Die Luft ist stickig und der Flieger holpert durch die Luft wie über eine Geröllpiste. Nur dass wir nicht in Schlaglöcher stürzen, sondern in metertiefe Luftlöcher. Meine Finger krallen sich in die Lehne des Vordersitzes, mein Bauch ist angespannt und mein Körper schweissnass. Nach kurzer Zeit in der Luft ist mir speiübel. Warum tue ich mir diese Strapazen bloss an, frage ich mich. Ich versuche mich abzulenken und schaue auf die einzigartige Landschaft hinunter. Wasserarme wechseln sich mit kleinen Landzungen und Inseln ab. Dort stehen die Elefanten am Wasser, hier sehen die Rücken der Flusspferde im Wasser aus wie ein Streuselkuchen. Ein paar Giraffen versuchen sich im Schatten zu verstecken. Immer wieder ändert sich die Landschaft, trocken, Wasser, trocken… Der Anblick aus der Luft ist einmalig und doch kann ich es nicht geniessen. Die Turbulenzen holen mich unweigerlich in die bittere Realität zurück. Und dann, als es fast nicht mehr aushaltbar ist und meine eingepferchten Beine kaum mehr Gefühl haben, taucht plötzlich die kleine Landebahn mitten im Nirgendwo vor uns auf. Hier, mitten im Okavango Delta, mitten in purer Wildnis, wo die Natur den Rhythmus bestimmt, beginnt unsere Safari. 12 Nächte Botswana warten auf uns, aufgeteilt auf 5 Nächte in Kwara, 3 Nächte im Lebala und 4 Nächte im Lagoon Camp.

Das wunderschöne Kwara Camp liegt am Rande einer Lagune. Obwohl auch Wasseraktivitäten im Angebot stehen, liegt unser Fokus auf Pirschfahrten, um die Chancen auf Raubtiere zu maximieren. Tatsächlich begegnen wir während unseres Aufenthalts in Kwara mehreren stattlichen Löwenmännchen. Wir haben sogar das Glück, ein Löwe auf seinem kilometerlangen Patrouillengang zu begleiten, bis er sich schliesslich müde in den Schatten eines Busches plumpsen lässt. Auch ein Rudel Wildhunde hält uns immer wieder auf Trab und bringt unsere Speicherkarten zum Glühen. An unserem letzten Morgen im Okavango Delta lasse ich mich dann doch noch zu einer Bootsfahrt überreden. Vogelfotografie ist nicht so mein Ding und daher mehr ein Programmfüller, wenn es sonst nichts zu sehen gibt. So stelle ich mich also auf einen ruhigen Morgen ein. Entspannt sitze ich im Boot und lasse den Blick von rechts nach links und zurück schweifen, während wir durch das Geflecht an Kanälen und Lagunen fahren. Es ist friedlich auf dem Wasser und ich geniesse den Blick auf die wunderschöne Wasserlandschaft. Plötzlich entdecke ich am rechten Ufer drei Löwen. Ich könnte Jauchzen vor Freude, was ich mir natürlich verkneife, um die Tiere nicht aufzuscheuen. Erst auf mein Handzeichen erkennt auch der Guide die Tiere und steuert das Boot an die gegenüberliegende Uferseite. Die ersten Sicherheitsfotos sind im Kasten. Gespannt halten wir Ausschau, ob sich die Katzen ins Wasser trauen. Und tatsächlich. Kurze Zeit später macht die Löwin den Anfang. Mutig setzt sie eine Pfote nach der anderen ins Wasser, bis sie schliesslich den Boden unter den Füssen verliert. Tapfer schwimmt sie voraus, die beiden Männchen folgen ihr. Löwen mögen kein Wasser, das lässt sich an ihren verzogenen Gesichtern unschwer erkennen. Doch im Okavango-Delta haben sie gelernt, sich an die Wasserlandschaften anzupassen, nach dem Motto «wo ein Wille ist, ist auch ein Weg» - in diesem Fall halt einfach ein nasser Weg. Am anderen Ufer steigen sie aus dem Wasser, ziehen direkt weiter und verschwinden aus unserem Sichtfeld. Ich bin überwältigt und mein Herz pocht noch immer wie wild. Ausgerechnet auf einer Bootsfahrt erlebe ich ein unvergesslicher Moment, der zweifelsohne zu unseren Top 5 Safari-Erlebnissen gehört.  

Ein weiterer Höllenritt mit dem Propellerflugzeug bringt uns ins Linyantigebiet. Kurz vor der Zwischenlandung in Lagoon sehen wir Hunderte von Elefanten im Feuchtgebiet. Es ist ein grandioser Anblick, der sogar für den Piloten nicht alltäglich ist. Bis zum Lebala ist es jetzt gottseidank nur noch ein Katzensprung. Dieses Safarigebiet wird derzeit dominiert von Löwen. Wir bekommen die Katzen täglich zu Gesicht, insbesondere weil ein junger Elefant unweit des Camps eines natürlichen Todes erlegen ist. Auch im Grenzgebiet zu Lagoon finden wir eine kleine Gruppe Junglöwen. Wir fahren näher, als plötzlich direkt neben mir ein Tier explosionsartig wegspringt. Ich erschrecke, mache aber schon im nächsten Augenblick Purzelbäume vor Freude. Ein Erdwolf! Das Tier hält nur kurze Zeit inne, bevor es das Weite sucht, doch genug Zeit für uns, um Fotos von diesem äusserst scheuen Tier zu machen. Es ist zu schön um wahr zu sein und unbestritten das Highlight von Lebala.

Die Verschiebung ins Lagoon Camp können wir glücklicherweise auf dem Landweg zurücklegen. Hier gönnen wir uns sogar ein Privatfahrzeug, damit wir hoffentlich auch noch Leoparden vor die Linse kriegen. Unser Guide erkennt schnell, dass wir nicht auf der Suche nach schnellem Konsum sind, sondern auch bereit sind nach den Leoparden zu suchen. Der Blick von Guide und Tracker richtet sich immer wieder auf den sandigen Boden. Ihre Aufmerksamkeit gilt den unzähligen Tierspuren im Gelände. Nach gut einer Stunde, das Zeitgefühl verfliegt auf solch spannenden Pirschfahrten, entdecken sie frische Leopardenspuren. Sie versuchen diesen zu folgen, müssen zwischendurch nicht passierbare Stellen umfahren, verlieren die Spuren kurzzeitig, der Tracker geht zu Fuss weiter und findet diese dank seiner Erfahrung wieder. Schliesslich werden wir für unsere Ausdauer belohnt, und zwar nicht nur mit einem Leoparden, sogar gleich mit deren zwei. Grandios! Auch an den Folgetagen versuchen wir unser Glück, sind aber nicht immer gleich erfolgreich. Insbesondere an einem nassen Nachmittag ist Hopfen und Malz verloren. Der Regen hat zwar mittlerweile aufgehört, doch ist er meist kein Vorbote für gute Tierbeobachtungen. Ganze vier Stunden kurven wir in der Gegend umher, doch der Busch scheint wie leer gefegt zu sein. Mittlerweile ist es dunkel geworden. In der letzten Kurve vor dem Camp erkennen wir im Scheinwerferlicht eine eigenartige Gestalt. Was ist das, fragen wir flüsternd? Ein Erdferkel, flüstert der Guide zurück und ist ganz aufgeregt. Nur ganz wenige Besucher kommen jemals in den Genuss einer Erdferkel Sichtung und wir Glückspilze können das seltene Tier auch noch fotografieren.

Damit geht eine beeindruckende Reise zu Ende. Botswana’s Fauna präsentierte sich anders als erwartet. Die grossen Elefantenherden, wie wir sie auf früheren Reisen erleben durften, blieben aus. Stattdessen wurden wir mit äusserst seltenen und einzigartigen Tiersichtungen belohnt: Angefangen mit schwimmenden Löwen, über Erdwolf bis hin zu Erdferkel – so viel Schwein muss man erstmal haben. Wir waren nun schon etliche Male in Afrika und haben schon vieles gesehen. Nie hätte ich damit gerechnet, dass diese Reise wieder so viele neue, spannende und einmalige Erlebnisse für uns bereithält. Botswana ist und bleibt einfach eine der besten Safarigebiete Afrikas!

 

„Wenn ich noch etwas tun könnte, wäre es, noch einmal auf Safari zu gehen.“
Karen Blixen

PS: Fotos werden laufend ergänzt

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