Unterwegs in der steinernen Wunderwelt

Die Idee, den Südwesten der USA zu bereisen, entstand eines Abends Zuhause als wir den Dokumentarfilm „Earth - The Power of the Planet“ im Fernsehen schauten. In der Folge „Atmosphere“ wurde nämlich unter anderem eine aus Sandstein geformte Welle, die sogenannte Wave in der Paria Canyon Vermilion Cliffs Wilderness gezeigt, von deren Schönheit und Einzigartigkeit wir auf Anhieb begeistert waren. Diese Gesteinsformation wollten wir unbedingt mit eigenen Augen sehen. Sofort setzte ich mich an den PC und begann mit der Recherche im Internet und in Fotobüchern. Dann folgte die ernüchternde Nachricht: Der Zutritt zur Wave ist, wegen des fragilen Sandsteins, streng reguliert. Lediglich 20 Tickets werden pro Tag vergeben, wovon jeweils 10 im Voraus per Online-Lotterie und 10 vor Ort verlost werden. Bis anhin hatte ich wenig Erfolg in Glücksspielen, aber noch war ich guter Dinge. So plante ich zunächst die weiteren Etappen der Rundreise. Nach einem Stopover in San Francisco sollte es in die Spielermetropole Las Vegas gehen, von wo wir unsere Reise mit einem Jeep durch die glühend heisse Wüste im Death Valley fortsetzen und anschliessend weiter zum Colorado Plateau fahren wollten. Dort befinden sich die beliebtesten Naturschönheiten und Nationalparks des Südwestens: Valley of Fire, Antelope Canyon, Grand Canyon, Monument Valley, Arches und Bryce. Aber auch wilde und einsame Orte nahm ich ins Programm auf. Einzig auf den Yellowstone mussten wir leider aus Zeitgründen verzichten. 

Drei Monate vor Abreise ging es dann um die (halbe) Wurst: 10 Wave-Tickets wurden per Zufallsgenerator in der Online-Lotterie verlost. Die Anmeldezahlen liessen nichts Gutes verheissen. Bei täglich über 560 Spielern sanken unsere Chancen auf nahezu Null. So war der negative Bescheid keine Überraschung, aber trotzdem enttäuschend. Nun setzten wir unsere ganze Hoffnung auf die Walk-in Lotterie, bei der am Vortag im Informationsbüro in Kanab die anderen 10 Tickets verlost werden.

Trotz Misserfolg freuten wir uns auf die Wüste, die Canyons und die bizarren Felsformationen. Es konnte losgehen, unsere Reise in die steinerne Wunderwelt des Südwestens.

 

Samstag, 12. Mai 2012: Zürich – San Francisco

Da war er nun, der Abflugtag, und wie vor jeder Reise in unbekannte Länder war die Nervosität etwas höher: Haben wir auch wirklich nichts Wichtiges vergessen? Nochmals der Blick in die Hüfttasche... Geld, Pass, Flugtickets, alles dabei. Also nichts wie los. Auf der Autobahn ging ich gedanklich nochmals die notwendigen Papiere durch. Da realisierte ich, dass ich zwar den internationalen Führerausweis eingepackt hatte, nicht aber den nationalen. Sch***! Kurz überschlugen wir die Zeiten im Kopf. Reichte es zum Umdrehen? Es musste! Wir waren bereits 25 Minuten unterwegs und hatten soeben die Autobahn verlassen. Also U-Turn und wieder zurück. Es wurde mucksmäuschenstill im Fahrzeug. Ich war nervös und hatte schon schwitzige Hände. Zuhause rannte ich nach oben, packte den Ausweis und hetzte zurück. Es wurde knapp, besonders weil bei USA-Flügen mit längeren Abfertigungszeiten gerechnet werden muss. Ich wollte kein Risiko eingehen und checkte das Gepäck sicherheitshalber per Telefon ein. Die Dame sagte mir, dass wir mindestens 5/4-Stunden vorher am Flughafen sein müssen. Ich sagte nichts, obwohl ich wusste, dass wir dies niemals schaffen werden. Wir schummelten uns durch den Verkehr und schafften es schliesslich auf 12.00 Uhr zum Flughafen, der Abflug war für 13.05 Uhr geplant. An einem Spezialschalter konnten wir unser Gepäck abgeben, dann rannten wir durch die Boardingpasskontrolle weiter zur Sicherheitskontrolle und fuhren anschliessend mit der Skymetro ins Terminal E. Dort war die Halle komplett überfüllt. Ich quetschte mich an den Leuten vorbei Richtung Gate. Erst als ich schon fast ganz vorne bei der Warteschlange ankam, realisierte ich, dass hier nochmals eine Passkontrolle durchgeführt wurde. Zurückgehen wollte ich nicht. Ich stellte mich in die Schlange und war schliesslich unter den ersten 20 Personen, die das Flugzeug betraten. Phuu, geschafft! Nach dieser Hetzerei war ich allerdings so durstig, dass ich gleich zweimal bei der Crew nach einem Becher Wasser fragte. Endlich konnte ich mich entspannen. Mit Essen, Schlafen und Film schauen waren die 12 Stunden Flugzeit einigermassen erträglich. 

Bei der Immigration in San Francisco mussten wir eine Stunde anstehen. Dafür drehten unsere Taschen auf dem Förderband schon ihre Runden. Per Shuttle ging es dann zum Sheraton Hotel Fisherman’s Wharf, das wir vorreserviert hatten. Am Abend schlenderten wir bei eisigen Temperaturen und starkem Wind am Hafen auf und ab und fielen schliesslich ins viel zu weiche Kingsize Bed. 

 

Sonntag, 13. Mai 2012: San Francisco

Um 5 Uhr lagen wir beide wach im Bett – der liebe Jetlag machte sich bemerkbar. Wir blieben allerdings noch liegen und schliefen sogar nochmals ein. Um 08.00 Uhr standen wir dann definitiv auf, holten uns bei Subway ein grosses Sandwich und hüpften auf den ersten Sightseeing-Bus. Damit bekommt man in kurzer Zeit einen guten Überblick über die Stadt und kann nachher an den Stationen aussteigen, die man sich genauer anschauen möchte. Das Quecksilber stieg auch tagsüber nicht über die 15°C Marke an, dementsprechend durchgefroren war ich auf dem offenen Bus Deck. Bei der Golden Gate Bridge stiegen wir aus und knipsten einige Bilder. Dann ging es mit dem Bus zurück ins Stadtzentrum, wo ich Kosmetikartikel einkaufte, die in den USA etliches günstiger sind als in der Schweiz, und schliesslich rannten wir noch wegen einer SIM-Karte für das Telefon bzw. die Navigation umher. Entweder standen wir vor verschlossenen Türen (es war Sonntag) oder es waren keine Karten im Handel. Nach langem Suchen fanden wir endlich einen Shop, in dem wir eine SIM-Karte erhielten. Diese wollten wir natürlich sofort einsetzen, da erschien die Meldung: SIM locked. Na toll, das iPhone war für jegliche andere Provider gesperrt. Hacken wollten wir das Telefon ungern. Marcus grübelte lange, wie wir das Problem am schlausten lösen. Aber er hatte die Lösung nicht.

Am Abend liessen wir uns ein grosses Steak und ein Ceasar Salad schmecken und spazierten anschliessend vom Restaurant Harris‘ ins Hotel zurück. Natürlich war ich bereits wieder ein Eiszapfen. Wärmere Kleidungsstücke hatte ich allerdings nicht eingepackt. Hoffentlich wird es in Arizona und Utah wärmer...

 

Montag, 14. Mai 2012: San Francisco – Las Vegas – Death Valley

Um 08.00 Uhr holte uns der Airport Shuttle wieder im Hotel ab. Check-in sowie der Flug verliefen problemlos. Marcus grübelte noch immer wegen unserem SIM-Karten Problem. Da kam ihm die zündende Idee, dass er diese anstatt ins iPhone ins iPad einsetzen könnte. Schliesslich ging es uns in erster Linie um die Navigation, die auf dem grösseren Bildschirm obendrein noch einfacher war. Im Flughafen von Las Vegas erhielten wir bereits einen ersten Eindruck der Spielermetropole. Überall klingelten leuchtende Spielautomaten, an denen sich die Passagiere am Gate, im Transit und in der Gepäckhalle die Zeit vertrieben. Dies ging ganz klar auf Kosten der Beschilderung, so war der Flughafen weder übersichtlich noch besonders passagierfreundlich gestaltet. So irrten wir mehr zum Ausgang als dass wir wussten, wohin wir gingen. Anschliessend liessen wir uns im vollklimatisierten Shuttle zur Autovermietstation bringen. Die Fahrzeugübernahme bei Hertz dauerte eine halbe Ewigkeit und auch über das Fahrzeug als solches waren wir nicht erfreut. Wir buchten zwar ein Auto mit Allradantrieb, da wir einige unwegsame Strecken eingeplant hatten, aber dieser Jeep sah weder bequem noch sonderlich geländetauglich aus. Die fortgeschrittene Zeit und unsere Ungeduld liessen uns von einer Beschwerde abhalten. Nach einem kurzen Stop im Einkaufscenter fuhren wir schliesslich über Pharump ins Death Valley. Den ersten Fotostop legten wir beim Zabriskie Point mit seinen bizarren Formen ein und besichtigten anschliessend die vielfarbigen Hügel des Artist Drive. Zu später Stunde ging's hinab ins Tal zum tiefsten Punkt der USA mit 86 Meter unter dem Meeresspiegel. In Badwater bedecken Salzkristalle wie ein weisses Tuch das ganze Tal. Als wir ausstiegen, strömte uns ein heisser Wind entgegen. Es fühlte sich an, als ob einem mit dem Fön heisse Luft ins Gesicht geblasen wird. Trotz Sauna waren wir begeistert vom weissen See und dessen kristallisierten Salzkrusten. Es dauerte allerdings seine Zeit, bis wir das gewünschte Foto im Kasten hatten. Erst als es schon dunkel war, machten wir uns auf den Weg zur Furnace Creek Range, wo wir auch um 22.00 Uhr noch ein Abendessen serviert bekamen. 

Dienstag, 15. Mai 2012: Death Valley – Overton (Valley of Fire)

Für den nächsten Morgen stand die Besichtigung der Mesquite Sand Dunes auf dem Programm. Dafür krochen wir bereits um 05.15 Uhr aus dem warmen Bett, einerseits um den Sonnenaufgang über den Dünen zu erleben und andererseits hofften wir auf angenehmere Temperaturen. Die Fahrt zum Parkplatz dauerte ungefähr 30 Minuten. Schon von der Strasse waren die Sanddünen, die sich über Kilometer hinweg erstreckten, sichtbar. Wir buckelten unsere Fotoausrüstung auf den Rücken und stapften durch den weichen Sand über die Dünen auf und ab, immer weiter in die Dünenlandschaft hinein. Schon bei der kleinsten Steigung ging's einen Schritt vorwärts und zwei zurück. Ich war ganz schön aus der Puste! Aber es lohnte sich, denn es ergaben sich immer wieder neue tolle Ausblicke. Nach knapp zwei Stunden war die Temperatur schon merklich angestiegen und das Licht grell. Deshalb brachen wir unsere Tour ab und schleppten uns zurück zum Auto. Da wir das Hotelzimmer erst um 11.00 Uhr abgeben mussten, legten wir uns nochmals aufs Ohr. Dann genossen wir eine kühle Dusche, obwohl bei Tagestemperaturen von über 43°C nach dem Duschen vor dem Duschen war. Das Death Valley war klimatisch gesehen eine echte Folterkammer. Ohne Klimaanlange ging hier gar nichts mehr. Obwohl wir uns deswegen erkälteten, wollten wir den Aufenthalt in der Wüste auf keinen Fall missen, denn das „Tal des Todes“ war von unglaublicher Schönheit. 

Gegen Mittag verliessen wir die Wüste und fuhren über Shoshone und Pharump an Las Vegas vorbei und weiter ins Valley of Fire. In State Parks nutzte der erworbene Nationalparkpass nichts, so dass wir hier am Self-Register USD 10.00 in einen Umschlag stecken und die Quittung hinter die Windschutzscheibe legen mussten. Kurz darauf bogen wir in den Scenic Drive ab. Schnell war klar, dass der Name Valley of Fire nicht von ungefähr kommt, sondern hier Programm ist, denn der spezielle Sandstein leuchtet in diesem Tal besonders intensiv. Die Erosion hat ganze Arbeit geleistet und dabei wahre Kunstwerke geschaffen. Überall sieht man den Sandstein in den skurrilsten Formen, oftmals löchrig wie ein Schweizer Käse. Als erstes suchten wir einen Hügel namens Crazy Hill auf, der mit seinen Farben und Formen wirklich abgefahren war. Zum Sonnenuntergang wollten wir aber bei der Fire Wave sein, einer wellenähnlichen Felsformation mit Zebrastreifen. Gutgläubig folgten wir dem offiziellen Wanderweg, der uns über X Schleifen zum Ziel führte. Als wir endlich beim Felsen eintrafen, lag dieser bereits im Schatten. Wir waren enttäuscht, versuchten aber dennoch das Beste daraus zu machen. Auf dem Rückweg nahmen wir die Abkürzung querfeldein über einen kleinen Sandtrampelpfad und über Slickrock. Bei totaler Dunkelheit fuhren wir der schmalen Strasse, die diverse tiefe Senken aufwies, entlang zurück zum Parkausgang und weiter in die nächstgelegene Ortschaft Overton. Unterwegs suchte Marcus im Internet bereits eine passende Unterkunft heraus - The North Shore Inn at Lake Mead, ein gemütliches und sauberes Motel. Wir waren ganz zufrieden mit unserer Auswahl und plumpsten nach einem einfachen Abendessen auf dem Zimmer müde ins Bett.

 

Mittwoch, 16. Mai 2012: Overton (Valley of Fire) - Kanab

Auch an diesem Morgen war frühe Tagwache angesagt, da wir zum Sonnenaufgang wieder im Valley of Fire sein wollten. Nachdem wir nochmals beim Crazy Hill und beim Zebra-Hügel alias Fire Wave vorbei schauten, suchten wir noch andere Felsformationen namens Piano Rock, Elephant Rock sowie den Windstone Arch auf. Dass wir letzteres gefunden hatten, grenzte an ein kleines Wunder, denn ohne GPS sucht man bei dieser Dichte an Felsen eine Nadel im Heuhaufen. Der Windstone Arch war eine kleine, fotogene Höhle, die mir besonders gut gefiel. Erosionen frassen hier einen ca. 1 Meter hohen Tunnel in den Felsen und liessen einen fragilen Mini-Arch stehen. Ebenso waren Löcher in den unterschiedlichsten Grössen und Formen in die Wand gefressen, die der Höhle das gewisse Etwas verliehen. Ich war überglücklich, diese entdeckt zu haben. 

Dann verliessen wir das „Tal des Feuers“ und fuhren zu den Coral Pink Sand Dunes, wo sich Marcus sportlich betätigte und weit in die Dünen hinein lief, während ich mich auf einer Sanddüne niederliess und die Aussicht genoss. Danach checkten wir in Kanab im Best Western Hotel ein und liessen uns ein Mexikanisches Abendessen im Lokal über der Strasse schmecken. 

Donnerstag, 17. Mai 2012: Kanab - Page

Am nächsten Morgen konnten wir ein bisschen länger schlafen, da wir unser Glück in der Lotterieziehung für die Coyotte Buttes North versuchten. Um 08.30 Uhr standen wir im Informationsbüro und füllten mit 67 anderen Personen das Formular für die Wave aus. Punkt 9 Uhr wurden die 10 glücklichen Gewinner gezogen – wir waren leider nicht dabei. Wie neidisch ich war! Aus ökologischer Sicht macht dieser streng regulierte Zutritt bestimmt Sinn. Aber all jene, die leer ausgehen, sind in erster Linie wohl einfach nur enttäuscht, dass ihnen diese Landschaft vorenthalten wird. Zumindest ging es uns so. Nach dieser Pleite fuhren wir Richtung Page, wo wir uns im Touristenbüro nach den Strassenverhältnissen für Coyotte Buttes South und White Pocket erkundigen wollten (in Kanab hatten sie dazu keine Informationen!?). Aber auch in Page hatten sie von Tuten und Blasen keine Ahnung. Wenigstens wusste sich die Dame vom dritten Büro zu helfen und erkundigte sich bei Kyle Walker, einem Tour Guide, nach dem Strassenzustand. Zufälligerweise war Kyle in der Nähe und so konnten wir direkt mit ihm sprechen. Er beschrieb die Strecke als ziemlich abenteuerlich, sodass schnell klar war, dass wir diesen Ausflug nicht alleine unternehmen möchten. Wir beschlossen, am Montag und Dienstag je eine Exkursion in diese Gebiete zu buchen. Neben diesen Touren bot Kyle seinen Kunden gegen eine Gebühr auch an, an der Verlosung für Coyotte Buttes North teilzunehmen. Das war ein attraktives Angebot und ersparte uns einiges an Zeit und Wegkosten. Als Kyle sich nach unserer Unterkunft erkundigte, zuckten wir mit den Achseln. Er verstand die Welt nicht mehr, denn angeblich war das ganze Städtchen ausgebucht. Wir sahen noch keinen Grund zur Panik, allerdings wussten wir zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, dass für Sonntag eine annulare Sonnenfinsternis vorausgesagt wurde. Die Nervosität kam bei uns etwas später, als wir den Ernst der Lage erkannten. Ganze vier Stunden brauchten wir, bis wir schliesslich ein überteuertes (und schmuddeliges) Motel in Page gefunden hatten. 

Enttäuscht über den verlorenen Tag fuhren wir wenigstens zum Sonnenuntergang noch zum nahegelegenen Wahweap Aussichtspunkt und genossen den Blick auf den Lake Powell. 

 

Freitag, 18. Mai 2012: Page

Nach einer Einkaufstour im Supermarkt fuhren wir gegen Mittag zum Parkplatz beim Horseshoe Bend. Dort nahmen wir den 15-minütigen Fussmarsch über einen sandigen Hügel in Angriff. Der Aussichtspunkt war atemberaubend. Die Felswände fallen mehrere 100 Meter senkrecht ab, und der Colorado-Fluss hat sich eine beeindruckende hufeisenförmige Kurve in den Fels gefressen. Um diese Szenerie ganz aufs Bild zu kriegen, braucht man ein Fischauge, das wir leider nicht in unserem Inventar führen. So mussten wir uns ziemlich nahe an den Abgrund herantasten, um den gewünschten Bildausschnitt wenigstens einigermassen hinzukriegen. Den Rest richtete dann Photoshop Zuhause.

Anschliessend fuhren wir via Big Water zum Alstrom Point, einem Aussichtspunkt auf den landseitig schwer zugänglichen Lake Powell. Die Beschilderung und das Kartenmaterial waren absolut unzureichend, so dass Marcus Google Maps zu Hilfe nahm. Die Fahrt ging an schroffen roten Bergen entlang, die dann gelb wurden und schliesslich zu grauen Hügeln inmitten einer gleichfarbigen Mondlandschaft „mutierten“. Nach einiger Zeit wurde die Piste zunehmend felsiger, sodass den Stossdämpfern einiges abverlangt wurde und mich Marcus an einer Stelle sogar durch die Steinstufen einweisen musste. Ohne „High Clearance“ war hier definitiv kein Weiterkommen mehr. Plötzlich wurde die Sicht immer schlechter. Eine bedrohliche schwarze Wolkenfront breitete sich am Himmel aus. An der Abbruchkante angekommen, hatten wir von geschätzten 600 Metern Höhe einen unbeschreiblichen Blick auf die abgelegene Padre Bay und den Lake Powell. Leider war es noch immer stark bewölkt, so dass die roten Felsen ziemlich blass wirkten. Wir warteten Stunden, bis die Sonne endlich durch die dicke Wolkendecke hindurch blinzelte und die Felsen in etwas kräftigeren Farben erscheinen liess. Wir zögerten die Abfahrt lange hinaus. Als wir schliesslich aufbrachen, war es schon dunkel. Obwohl wir nicht darüber sprachen, hatten wir beide einen leicht erhöhten Puls auf der Rückfahrt, die wir ohne GPS in Angriff nehmen mussten. Vorsichtig aber sicher fanden wir den holprigen Weg zurück nach Kanab.

Samstag, 19. Mai 2012: Page – Tuba City

An diesem Tag hatten wir Tickets für die 11.30 Uhr Fototour im Upper Antelope Canyon, der sich besonders um die Mittagszeit, wenn das Sonnenlicht für kurze Zeit durch die schmalen Öffnungen bis zum Boden dringt, in eine leuchtende Felsenkathedrale surrealistischer Formen und Farben verwandelt. Gottseidank meinte es Petrus an diesem Tag gut mit uns, denn an bewölkten oder windigen Tagen ist der Lichteinfall im Canyon suboptimal. Zuerst mussten wir aber wieder nach Page fahren. An diesem Morgen nahm Kyle bzw. einer seiner Mitarbeiter erstmals in unserem Namen an der Lotterie für die Wave teil. Da wir allerdings bis zur Mittagszeit nichts gehört hatten, gingen wir davon aus, dass wir erneut scheiterten. Dann ging’s mit einem V8 Pickup vom Stadtzentrum zum Canyon, wobei der letzte Abschnitt Tiefsand war. Wir wurden ordentlich durchgeschüttelt und atmeten eine Menge Staub ein. Schliesslich standen wir vor einer unscheinbaren Felsspalte. Als wir den Canyon betraten, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bereits in der ersten Halle leuchtete ein wunderschöner „beam“ (Lichtstrahl). Nur, wie soll man bei dieser Menschenansammlung fotografieren? Nach einer Weile blockte unsere Führerin die Halle, sodass wir unser Stativ aufstellen und mit dem Fotografieren beginnen konnten. Aber es war nach wie vor ein schwieriges Unterfangen, denn der Canyon war nur wenige Meter breit. Dicht an dicht gedrängt versuchte jeder Tourteilnehmer sich einen guten (beziehungsweise einen noch besseren) Platz zu ergattern, was häufig darin resultierte, dass man Köpfe, Beine oder sogar das Objektiv anderer Fotografen im Bild hatte. Es war Stress pur! Trotzdem war die Schönheit und Farbenvielfalt in diesem engen, bizarren Slot Canyon ein einzigartiges Erlebnis, das schwer in Worte zu fassen ist. Aufgrund ständig wechselnder Lichtverhältnisse entstanden immer neue Motive. Bereiche, die noch kurz vorher im Schatten lagen, wurden plötzlich angestrahlt und die gegenüberliegende Felswand „erglühte" im indirekten Licht. Wie Scheinwerfer beleuchteten die gebündelten Sonnenstrahlen die Felswände mit allerfeinsten Rillen und Maserungen oder den Boden der Schlucht. Ein Feuerwerk aus gelben und rötlichen Farbnuancen, das seinesgleichen sucht. Uns gelangen trotz Trubel einige berauschende Bilder, die heute unser Wohnzimmer schmücken. Entstanden sind beide Slot Canyons (Upper und Lower Antelope Canyon) übrigens auf die gleiche Weise - durch gewaltige Sturzfluten - sogenannte „flash-floods“, die hier nach heftigen Sommergewittern und Regenfällen durch die schmalen Erd- und Felsspalten rauschen. Die zwei Stunden in der Schlucht waren viel zu schnell um und kurz darauf waren wir schon wieder im Stadtzentrum.

Während Marcus auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt die Kamera von Staub und Sand befreite, überprüfte ich erneut die Emails. Wir hatten eine Nachricht von Kyle in der Inbox. Ich öffnete sie und las neugierig die Zeilen. GEWONNEN! Ich konnte es kaum glauben! Als Entschädigung für all die Unwägbarkeiten, mit denen wir zu Beginn der Reise zu kämpfen hatten, zogen wir nun unser Glück ein. Aus 130 Bewerbungen wurden 10 gezogen und wir waren dabei! Wir fielen uns in die Arme vor Freude. Das Tüpfelchen auf dem „i“ war, dass die Sonnenfinsternis ebenfalls am gleichen Tag und zudem noch schönes Wetter angesagt war. Das war wirklich das Nonplusultra!!! 

Nach dieser erfreulichen Nachricht kümmerte es uns wenig, dass wir diese Nacht auf Tuba City (Page war komplett ausgebucht) ausweichen mussten. Wir verbanden den Abstecher mit der Besichtigung der Coal Mine. Die vielen rotbraunen Felstürme und –zacken erinnerten entfernt an den Bryce Canyon, welchen ich bis dato nur von Fotos her kannte. Während die mittleren Gesteinsschichten in einem satten braun erschienen, erstrahlten die anderen in hellen, fast weissen Tönen und erzeugten so einen unglaublichen Kontrast.

Zur Abwechslung trafen wir frühzeitig im Hotel ein. Das Moenkopi war ein neuer Hotelkomplex mit grossen Zimmern. Nur Restaurants suchte man vergeblich in Tuba City. Ausser Fast-Food-Ketten war nichts im Angebot. Deshalb gab’s ein einfaches Abendessen mit Tomaten, Cracker und Käse auf dem Zimmer. Dann legten wir uns ins Bett, schliesslich war am nächsten Tag wieder vor Sonnenaufgang Tagwache angesagt.

Sonntag, 20. Mai 2012: Tuba City - Page

Der Wecker klingelte bereits um 4 Uhr, da wir beizeiten zur Wave wandern wollten. Die Fahrt bis zur Paria Ranger Station dauerte gute drei Stunden. Um 8 Uhr marschierten wir mit 6 Liter Wasser los. Die ersten 30 Minuten waren eher unspektakulär, aber als wir den Wash verliessen und den ersten Anstieg hinter uns hatten, war eindeutig der Weg das Ziel. Vorbei an schönen, geschliffenen Felsformationen, dessen Farbe sich je nach Sonneneinstrahlung änderten, immer entlang des sich auf dem Mittelstück zur Rechten befindlichen Berges. Die letzten Meter waren mit die Beschwerlichsten, da es durch Sand noch gute 30 Höhenmeter zu überwinden gab. Dieses kurze Teilstück hatte es in sich. Ich keuchte wie eine Dampflokomotive, als ich oben ankam. Wenige Minuten später erreichten wir die Wave. Der Anblick dieser rötlichen, überdimensionalen Steinwelle war überwältigend und unfassbar zugleich! Kreuz und quer liefen wir hindurch, um den Felsen aus immer anderen Perspektiven abzulichten. Aber wir mussten uns auch immer wieder hinsetzen und inne halten. Wir konnten uns nicht satt sehen an dieser Welle, deren gestreifte Wände sich anmutig und weich in grossem Bogen in den Himmel empor schwangen. Erst Stunden später konnten wir uns von der Welle lösen, um die nähere Umgebung zu erkundigen. Wir kamen an einer Gesteinsformation, die aussah wie ein Cheeseburger, sowie an der Second Wave vorbei. Immer wieder zog es uns aber zurück zur grossen Wave. Als wir etwas im Schatten ruhten, kamen zwei Ranger mit voll ausgestattetem Polizeigürtel und kontrollierten unsere Permits, und zwar auch, ob die Namen auf dem Ticket mit jenem im Pass übereinstimmte. Tickets an andere Personen weitergeben funktioniert also nicht. Jetzt wollten wir nicht in der Haut derer stecken, die ohne Permit hierher kamen. Wir zählten nämlich mehr als 20 Personen an diesem Tag. Gegen 16.00 Uhr verliessen wir schweren Herzens diese Traumwelt. Wir benötigten ca. 1¾ Stunden für den Rückweg und waren froh, ihn nicht in der Dunkelheit gehen zu müssen. Es war so schon schwierig genug, die Orientierung ohne GPS zu behalten. Auch unser Wasservorrat war alle (wir hätten locker zwei Liter mehr brauchen können) und die Sonne brannte nach wie vor erbarmungslos hinunter. Erschöpft und durchgeschwitzt erreichten wir den Parkplatz. Ohne uns eine Pause zu gönnen, fuhren wir zurück auf die Hauptstrasse und suchten eine geeignete Einfahrt, von der aus wir die ringförmige Sonnenfinsternis beobachten konnten. Kein einziges Wölkchen trübte die Sicht. Es war ein Spektakel sondergleichen, das sich erst in 150 Jahren wiederholt. Voller Eindrücke fuhren wir zurück nach Page, wo wir müde aber glücklich im Motel ankamen. 

Montag, 21. Mai 2012: Page

An diesem Morgen planten wir den Lower Antelope Canyon zu besichtigen. Um 8.00 Uhr erreichten wir das Tor zum Parkplatz, das von einem schläfrigen Indianer geöffnet wurde. Marcus bekam einen Fotopass, mit dem er zwei Stunden im Canyon verbringen durfte. Ich musste mich leider einer normalen 1-stündigen Tour anschliessen (zum gleichen Preis wohlverstanden), weil wir nicht im Besitz eines zweiten Stativs waren. Eine ziemlich hirnrissige Regel… Kurze Zeit später stiegen wir durch die enge Felsspalte und über eine steile Stahlleiter in die Schlucht hinab. Sie wirkte im ersten Moment weniger spektakulär als der Upper Canyon, denn es gab keine „beams“ und die Farben sahen auch nicht besonders intensiv oder kontrastreich aus. Erst beim näheren Betrachten offenbarte auch dieser Slot Canyon seine eigentliche Schönheit. Ich fiel bewusst immer wieder von der Gruppe zurück, in der Hoffnung, dass es dem Navajo Indianer zu blöd wird. Aber er liess nicht locker. Ganz am Ende des begehbaren Bereichs führte eine Treppe nach oben, über die wir nun nacheinander den Canyon verliessen. Oben schlängelte sich der Weg an der Canyon Kante entlang und führte wieder zurück zum Parkplatz.

Nach diesem Morgenausflug gingen wir zurück ins Motel, ruhten uns etwas aus und assen eine Kleinigkeit. Um 14.00 Uhr ging es mit KJ, einem Mitarbeiter von Kyle Walker, weiter nach White Pocket. Dieses kleine Plateau, keine 10km Luftlinie von der berühmten Wave entfernt, gilt derzeit noch als Geheimtipp und kann ohne jegliche Einschränkung oder Gebühr besucht werden. Abschreckend gilt einzig und allein die meilenlange Tiefsandpiste, die auch uns davon abhielt, dieses Gebiet alleine aufzusuchen. Die Fahrt war alles andere als ein Zuckerschlecken. Tiefer Sand, der stetiges flottes Fahren verlangte, wechselte sich ständig mit Felsplatten und spitzen Steinen ab, die verhaltenes, vorsichtiges Rollen forderten. Tiefe Löcher und steinige Senken standen immer wieder im Wechsel mit Sand. Schon nach kurzer Zeit war mir schlecht, sodass ich auf den Beifahrersitz wechseln musste. Ich ersehnte das Ziel herbei, und trotzdem war ich froh, mit einem erfahrenen Tiefsand-Spezialisten unterwegs zu sein. Endlich war der Parkplatz in Sicht. Nach einem kurzen Weg über einen Sandhügel kam die Wiedergutmachung in Form eines in rot, weiss, rosa und orange strahlenden Naturwunders. Es war eine bizarre Fantasielandschaft aus Sandsteinfelsen, die wie Farbflächen in einem abstrakten Gemälde ineinander überlaufen und zerfliessen. Wir gingen weiter zu einem mächtigen, sanft ansteigenden Felsenberg, der aus lauter weissen Steinkissen (Brain Rocks) bestand und anschliessend zu einem kleinen dunkelroten Canyon mit weich geschwungenen Wänden, den wir auch von innen erkundeten. Den Sonnenuntergang wollten wir natürlich nicht ungenutzt lassen und hetzten dafür zu einer riesigen rot-weissen Felsspirale mit unzähligen Wirbeln direkt vor einer Hügelkette, deren rotbrauner Sandstein von nur wenigen Zentimetern dickem grau-weissen Gestein wie ein Zuckerguss überdeckt war. Hinter jeder Biegung und hinter jedem Hügel wartete eine neue Entdeckung. White Pocket ist ein Form- und Farbenparadies, in dem wir Stunden verweilten, um all die wunderbaren Kunstwerke der Natur in Bildern festzuhalten. Bei Dunkelheit brachen wir mit einem Sandwich von Subway, das mittlerweile allerdings ziemlich „soggy“ war, auf. Unweit des Parkplatzes waren zwei Fahrzeuge im Sand stecken geblieben. Die Strecke hatte es eben doch in sich. KJ fuhr in grossem Bogen an den Fahrzeugen abseits der Piste vorbei. Helfen konnten wir nicht, denn dafür war unser Jeep zu schwach. Aber KJ versprach, mit grösserem Gefährt zurückzukehren (was er auch in der gleichen Nacht noch tat). Todmüde erreichten wir gegen 23.00 Uhr unser Motel in Page.

Dienstag, 22. Mai 2012: Page

Eigentlich wollten wir noch die Wanderung zu den Wahweap Hoodos machen, aber wir kamen an diesem Morgen einfach nicht aus den Federn. Nachdem Marcus die Grippe überstanden hatte, kämpfte ich nun mit dem Virus. Die Wanderung bei dieser Hitze lag einfach nicht drin. So schliefen wir für einmal richtig lange aus. Was für eine Wohltat!

Am Vormittag erledigten wir noch notwendige Dinge wie einkaufen in Page, um dann nach einem Gang zu Burger King zu den Coyote Buttes South zu fahren. Der Weg dorthin war lang und beschwerlich. Am späten Nachmittag machten wir uns wieder auf die Socken. Mit Fotoequipment und Wasser ausgestattet, stapften wir hinter Kyle durch den Sand. Ähnlich wie in Coyote Buttes North waren auch hier die Berge und Steingebilde aus rotem und gelbem Sandstein, dessen Schichten sich unglaublich formenreich und farbenfroh präsentierten. Die Farben rot, orange, gelb und lila waren alle vertreten.

Fragilster Sandstein, hauchdünne Platten, kleine Waves und bunte Hoodos wechselten sich auf unserer Erkundungstour immer wieder ab. Besonders eindrücklich waren die Farbverläufe und –bänder, die Steine und Felsen durchzogen. Die Stille in diesem Gebiet (abgesehen vom Wind, der uns um die Ohren pfiff und unsere Haut mit Sandkörnern einem Peeling unterzog) war umwerfend. Wir begegneten keiner Menschenseele, obwohl alle 10 Online-Tickets innert weniger Stunden nach Verfügbarkeit weg waren. Als wir uns auf den Retourweg zum Auto machten, war es bereits finster. Die schwarze Bergsilhouette in Kombination mit dem dunkelblauen Sternenhimmel und der Mondsichel waren atemberaubend. Wir konnten nicht widerstehen, stellten nochmals unser Stativ auf und knipsten die letzten Bilder an diesem Tag. Ein langer und ereignisreicher Tag neigte sich dem Ende zu, und wir erreichten Page in der Dunkelheit.

Mittwoch, 23. Mai 2012: Page – Grand Canyon, South Rim

Eigentlich hatte ich den Grand Canyon in unserem Routing gar nicht eingeplant, aber Marcus war der Meinung, dass dieser zu einer USA-Reise einfach dazu gehört. So fuhren wir von Page wieder gen Süden, diesmal bis zum Grand Canyon South Rim. Unmittelbar hinter dem Parkeingang befand sich der erste Aussichtspunkt Desert View. Dort war die Hölle los. Nach den letzten ruhigen Tagen waren wir ein solcher Andrang gar nicht mehr gewohnt. Wir kämpften uns durch die Menge bis zur Aussichtsplattform hervor, von wo aus wir erwartungsvoll in den Canyon hinab schauten. Bedauerlicherweise war die Sicht katastrophal. Bestimmt blies der starke Wind den Smog von Las Vegas zum Canyon, dachten wir. Später erfuhren wir aber, dass ein Sandsturm Ursache für die miserable Sicht war. Viele Aussichtspunkte lagen entlang der Strecke zu unserem Hotel, welche wir allesamt abklapperten. Im Wesentlichen zeigten aber alle das Gleiche - den trüben Grand Canyon. So mussten wir leider auch die gewünschten Sonnenuntergangsbilder abschreiben. Bei Dunkelheit erreichten wir das kleine Nationalpark-Dorf mit mehreren Hotels, einem Supermarkt, Postamt, Informationsbüro, Café und Restaurants. Dort lag auch das Hotel El Tovar, in dem wir das letzte verfügbare Doppelzimmer im gesamten Nationalpark vorreserviert hatten. Allerdings wäre „Kammer“ wohl die treffendere Bezeichnung für diesen Raum gewesen, der so klein war, dass lediglich ein 1,20 Meter schmales Bett hinein passte. Wie wir die Nacht überstehen würden, wussten wir nicht…

 

Donnerstag, 24. Mai 2012: Grand Canyon, South Rim – Mexican Hat (Monument Valley)

Wir hatten erstaunlich gut geschlafen und hätten es auch problemlos noch länger ausgehalten, als der Wecker um 05.15 Uhr klingelte. Aber wir wollten den Sonnenaufgang erleben. Schnell zogen wir uns etwas Warmes an und fuhren zum Aussichtspunkt Mather Point im Osten, um möglichst wenige Felsvorsprünge im Bild zu haben. Leider war das Schauspiel auch am Morgen nicht besonders beeindruckend. Noch immer wirbelte der Wind Sandkörner in der Luft herum. Nach zwei Stunden bei empfindlich kühlen Temperaturen und eisigem Wind zog es uns wieder zurück ins Bett, um uns aufzuwärmen und nochmals zwei Stunden zu schlafen. Es war wirklich Pech, dass unser Abstecher in den Grand Canyon sozusagen „vom Winde verweht“ war.

Einigermassen ausgeruht fuhren wir am Mittag ins Monument Valley. Die Fahrt führte uns über Tuba City und Kayenta ins Navajo-Indianerreservat. Die Aussicht vom schnurgeraden Highway, der direkt auf die Tafelberge zuläuft, war geradezu legendär. Es ist neben dem Blick auf die Mitten Buttes sicherlich das bekannteste Fotomotiv überhaupt, und für uns die ideale Einladung für eine Rundfahrt im Tal. Vom Visitor Center führten drei Serpentinenkurven ins Tal hinab. Anschliessend ging es vorbei am Elephant Butte und den Three Sisters bis wir aus der Ferne den Totem Pole sahen, eine besonders markante und einzigartige, im Durchmesser gleichmässig emporragende Steinsäule. Ein kurzer Fotostop musste genügen, denn wir wollten rechtzeitig zum Sonnenuntergang zurück beim Visitor Center sein. Von dort hatte man nämlich den schönsten Ausblick über das Tal. So fuhren wir auf dem Valley Drive, der sich zwischen den Mesas hindurch schlängelte, zügig zurück. Auf dem Hügelkamm neben dem Info-Büro richteten wir Kamera und Stativ aus und knipsten Foto um Foto von den Tafelbergen, die in das rote Licht der untergehenden Sonne getaucht wurden. Die Szenerie war wirklich schön. Auf einer weiten Ebene ragen drei mächtige Tafelberge empor: links der West Mitten Butte, rechts der Merrick Butte und dazwischen etwas weiter hinten gelegen der East Mitten Butte. Dann liessen wir das Monument Valley hinter uns und fuhren ins nächst gelegene Kaff namens Mexican Hat. Die Unterkunft war ganz okay. Restaurants wurden allerdings zu dieser Jahreszeit nicht betrieben, so gab es zur Abwechslung wieder einmal ein einfaches Abendessen auf dem Zimmer.  

Freitag, 25. Mai 2012: Monument Valley – Moab (Arches Nationalpark)

Nach dem Frühstück im Hoteleigenen Café setzten wir unsere Reise Richtung Moab fort. Die Fahrt war nur eines: öde. 200 Kilometer Strasse fast wie an einer Schnur gezogen. Aber natürlich durfte der Arches Nationalpark mit seiner grössten Konzentration an Steinbögen auf unserer Liste nicht fehlen.

Als erstes besichtigten wir die Windows Section. Ein kurzer Wanderweg führte zum Turret Arch sowie zum North und South Window, zwei riesigen Felsöffnungen. Gleich daneben befand sich auch der Double Arch, bei dem wir sehr viel Geduld brauchten, denn einige Touristen glaubten auf den Felsen klettern zu müssen. Irgendwann gaben wir auf und beschlossen, am nächsten morgen früh nochmals unser Glück zu versuchen. Anschliessend wanderten wir bei grösster Hitze zum Landscape Arch, der mit seiner beeindruckenden Spannweite von knapp 92 Metern einer der grössten Bögen der Welt ist. Als abschliessenden Höhepunkt haben wir uns den bekannten Delicate Arch aufgehoben. Der Plan war, den Felsbogen bei Sonnenuntergang erleben zu können und somit brachen wir gezielt abends gegen 17.00 Uhr auf. Es stiegen auch andere Personen mit uns auf, alle angetrieben von der gleichen Idee. Auf dem ersten Drittel des ca. 2.5 Kilometer langen Wanderweges gab es keine nennenswerte Steigung, danach ging es aber 150 Höhenmeter aufwärts. Wir sahen schon von weitem, wie sich die Masse über das Slickrock-Feld schlängelte. Nach einer Stunde hatten wir das Schlimmste überstanden. Der Blick auf den Delicate Arch entschädigte für die Schweissperlen während dem Aufstieg. Allerdings hatten wir den Eindruck, auf einer Massenveranstaltung zu sein. Etwa 150 Leute gruppierten sich in entsprechendem Abstand um den Arch, wovon mindestens die Hälfte Asiaten waren, die sich alle nacheinander unter den Felsbogen stellen mussten und Verrenkungen und kuriose „Faxen“ machten. Den ambitionierten Fotografen blieb jeweils nur ein kurzes Zeitfenster von wenigen Sekunden zwischen den Wechseln. Irgendwann riss der Geduldsfaden eines Deutschen Hobbyfotografen. Er schimpfte laut, worauf hin ihm (und natürlich auch all den anderen Fotografen) eine ganze Minute ohne Japaner eingeräumt wurde. Danach ging das Gehampel unter dem Arch schon wieder los. Auch wir hatten genug vom Trubel. Es war ohnehin Zeit, aufzubrechen, wenn wir beim Abstieg noch halbwegs Licht haben wollten. Wenigstens ging nun alles bergab. Mit dem Auto ging es anschliessend zurück nach Moab, wo wir unser Zimmer im Motel 6 bezogen (wiederum war es eines der letzten Zimmer in der ganzen Stadt, da die Crew zweier Hollywood Filme bereits 50% der Betten belegte). An diesem Abend gönnten wir uns ein gutes und zudem günstiges Abendessen beim Mexikaner. Danach fielen wir müde ins Bett, zumal am nächsten Morgen wieder früh Tagwache war.  

Samstag, 26. Mai 2012: Moab (Arches Nationalpark) - Farmington

Gemäss Reiseplanung stand an den folgenden Tagen der Besuch des Grand Staircase Escalante National Monument an, aber nach weiterer Recherche bezüglich Wegverhältnisse und Schwierigkeitsgrad unserer bevorzugten Wanderungen verliess uns den Mut. Zudem zeichnete sich wiederum eine prekäre Hotelzimmersituation ab, so dass wir uns entschieden, diese Station auszulassen. Nun stellte sich die Frage, was wir an diesen Tagen unternehmen. Nach langem Hin und Her entschlossen wir uns, die Bisti Wilderness aufzusuchen, obwohl die Orientierung ohne GPS in diesem Gebiet nicht ganz Ohne ist. Zuerst ging es aber zum Sonnenaufgang nochmals zurück zur Window Section und zum Double Arch, den wir endlich ohne Kletterer fotografieren konnten. Danach machten wir uns auf den Weg nach Farmington. Dabei holte uns ein alter Bekannter ein: der verflixte Sandsturm :-( ... und wieder gab es ein kostenloses Peeling. Auch in New Mexico war die Sicht keine Spur besser, sodass wir unseren Ausflug vertagen mussten. Wir verbrachten den Rest des Nachmittags im Hotelzimmer (für einmal stimmte das Preis-Leistungsverhältnis) mit Fotos anschauen und der Ausarbeitung der weiteren Reiseplanung. Marcus gelang es sogar nach langem Herumtüfteln, eine einwandfrei funktionierende GPS Applikation auf’s iPad herunter zu laden. Dies war eine echte Erleichterung und von absoluter Bedeutung, wie sich später herausstellte. Denn die Strassen, die dorthin führten, waren alle Gravel- oder, wie man hier sagt, Dirtroads. Sie waren also nicht asphaltiert und, wenn man Pech hat, auch nicht mehr da, durchlöchert, ausgewaschen oder einfach gesperrt. Marcus suchte trotzdem eine Route heraus. 

 

Sonntag, 27. Mai 2012: Farmington

Nach dem Sandsturm begrüsste uns die Sonne an diesem Morgen. Also nichts wie los. Gedankenversunken fuhr ich auf der schnurgeraden Strasse mit geringfügigen „ups and downs“. Prompt übersah ich eine Bodenwelle und donnerte mit knapp 100 km/h darüber hinweg. Wir flogen durch die Luft und landeten entsprechend hart wieder auf dem Asphalt. Marcus schaute mich vorwurfsvoll an, unterliess aber einen Kommentar. Schliesslich bogen wir von der Teerstrasse ab und erreichten nach einer an Afrika erinnernden Tour über Gravelroads das Gebiet Ah-shi-sle-pah. Wir mussten uns natürlich gleich auf einen Erkundungsgang begeben. Die Landschaft war karg, geprägt von unzähligen farbigen Lehmhügeln und fast komplett vegetationslos. Abgesehen von einigen wenigen Gräsern und Büscheln wuchs rein gar nichts. Der Untergrund entpuppte sich häufig als krümeliger Sand, der unter den Füssen zerbröckelte. Wir wanderten durch die gelb- und orangefarbigen Badlands auf und ab und waren froh um unser GPS, denn hier konnte man problemlos die Orientierung verlieren. Nach einer Weile erreichten wir zu unserer Überraschung eine ganze Stadt mit Hoodoos, ein riesiges Seitental mit richtigen Wegen und Gassen, gesäumt von hohen Felswänden und steil emporragenden Lehmsäulen. Voller Begeisterung liessen wir uns von dieser Hoodoo-City verzaubern und entführen. Die Hoodoos, bei denen das untere Ende aus leichter vergänglichem Material besteht als der darauf befindliche Stein, erinnerten uns häufig an irgendwelche Gestalten aus der Tierwelt, so entdeckten wir beispielsweise einen Fisch. Während Marcus jede Ecke auskundschaftete, setzte ich mich für eine Stunde vor die sagenhafte Kulisse, ruhte mich aus und genoss die Stille. Es war herrlich und beängstigend zugleich, denn hier möchte niemand verloren gehen. Erst Stunden später spazierten wir weiter und merkten dabei gar nicht, dass wir uns im Kreis drehten, denn plötzlich sahen wir in der Ferne unser Auto in der Sonne glitzern. So ungewöhnlich wie der Name Ah-shi-sle-pah auch ist, so war auch die Landschaft hier. Es war wahrlich eine Wunderwelt aus farbigen Badlands und bizarren Hoodoos, verbunden mit vollkommener Stille und Einsamkeit.

Nach diesem landschaftlichen Leckerbissen stand nun die Bisti-Wilderness auf dem Programm, ein ebenfalls abgelegenes Wildnisgebiet, versteckt in der Weite New Mexicos. Dazu mussten wir über die Gravelroads wieder zurück. Problemlos erreichten wir unseren Wunschort. Auch für diese aride Mondlandschaft aus bunten Lehmhügeln und seltsam erodierten Felsskulpturen gab es weder brauchbare Karten noch markierte Wege. Nur einen kleinen Parkplatz und ein Holzschild mit der Aufschrift „Bisti Wilderness Area“. Uns war klar, dass dies kein harmloser Spaziergang wird, insbesondere weil wir erwartungsgemäss erst nach Dämmerung zum Auto zurückkehren werden. Wir packten unsere Fotoausrüstung und zogen los. Vor uns lag eine offene, etwas hügelige graue Landschaft, durchzogen von schmalen Rinnsalen und „washes“. Zuerst waren die Chocolate Hoodoos dran. Zielstrebig folgten wir bei gleissendem Sonnenschein den Datenpunkten auf unserem GPS. Schon nach wenigen Gehminuten erreichten wir die schönsten Hoodoos der Region. Denn die hatten im Gegensatz zu den meisten anderen hier fotogene braune Streifen um ihre „Taille".

Die Sonne stand nun schon recht tief und es war Zeit die Cracked Eggs aufzusuchen. Auf unserem Weg stiessen wir immer wieder auf „Hoodoo-Gärten" - teilweise mehrere Hundert Hoodoos in den verschiedensten Grössen, Farben und Formen. Eine Gegend nach unserem Geschmack. Die zahlreichen Hügel und Täler machten die Orientierung auch in diesem Gebiet sehr schwierig und wir waren erleichtert, ein GPS in den Händen zu halten. Als wir unser Ziel erreichten, waren die harten Schatten bereits weicher geworden und wir konnten sofort mit dem Fotografieren loslegen. Wie der Name Cracked Eggs schon sagt, waren hier Steine in Form von aufgebrochenen Eiern zu sehen, es waren aber auch Käfer oder Bienen zu finden. Hier waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Diesen wunderbaren Ort mussten wir mit niemandem teilen und hörten in der Stille lediglich den Verschluss der Kamera klicken. Es war einfach herrlich!

Obwohl die Dämmerung schon einsetzte, konnten wir uns von diesem Ort noch nicht losreissen. Immer wieder entdeckten wir eine neue interessante Perspektive, um noch weitere Fotos mit leicht anderen Einstellungen zu schiessen. Als sich langsam die Nacht über der Wüste ausbreitete und die Temperaturen bedeutend sanken, machten wir uns auf den Heimweg. Der Rückweg war jetzt lang. Auch wenn der Mond noch nicht ganz voll war, reichte das Licht gerade noch aus, um die vielen Hindernisse in Form von weg brechendem Sand, Pflanzen und Steinen zu umgehen. Auf dem direktesten Weg marschierten wir zurück. Plötzlich standen wir vor einem Zaun. Was nun? Ich leuchtete mit der Taschenlampe den Hag ab und entdeckte ein Loch, durch das wir durchkriechen konnten. Es ging nicht lange, da standen wir schon wieder vor demselben Problem. Wieder fand ich eine Lücke. Marcus kroch zuerst hindurch und blieb dabei mit seiner Hose hängen. Das Resultat war ein riesiges Loch. Schade! Zu spät realisierten wir, dass wir ohne Zeitverlust und Umweg die wenigen Meter am Zaun hätten entlang gehen können. Bei mir gab es gottseidank keine Berührungen mehr und so erreichten wir nach einem 40 minütigen Marsch durch den Alamo Wash unser Auto. Nach diesem gelungen Tag in einem Landschaftsjuwel der Extraklasse ging es guter Laune zurück nach Farmington.

Montag, 28. Mai 2012: Farmington - Page

Im grossen Bogen ging es an diesem Tag von New Mexico zurück nach Arizona, denn ich wollte unbedingt nochmals zurück in den Upper Antelope Canyon. So steuerten wir am Nachmittag den Parkplatz vor dem Canyon an und liessen uns für die 11.00 Uhr Fototour am folgenden Tag einschreiben. Nach all der Betriebsamkeit während der letzten Woche wegen der Sonnenfinsternis kehrte wieder Ruhe ins Städtchen ein. So erhielten wir endlich ein sauberes Motel zu einem vernünftigen Preis mitten im Stadtzentrum. Danach fuhren wir für eine Besichtigung in den Waterholes Canyon, den wir ohne andere Entdecker ganz für uns alleine hatten. Zum Abschluss des Tages gingen wir erneut zum Wahweap Aussichtspunkt für den Sonnenuntergang und anschliessend gab’s eine grosse Portion Fajitas beim Mexikaner.

 

Dienstag, 29. Mai 2012: Page – Bryce Canyon

Auch an diesem Tag war uns die Sonne wohlgesonnen. Um 10.00 Uhr waren wir wieder beim Parkplatz vor dem Canyon. Ich reihte mich in der Schlange vor dem Tickethäuschen ein. Die Personen vor mir wollten natürlich alle ein Billett für die Touren um die heissbegehrte Mittagszeit, aber diese waren alle schon ausgebucht. Die Reservation am Vortag war Gold wert, sonst wären wir jetzt leer ausgegangen. Nachdem wir unsere Tickets in der Hand hielten, ging es im geschlossenen Fahrzeug über die sandige Piste bis zur Felsspalte. Aus Erfahrung wussten wir nun, dass wir unseren Fotoplatz im Canyon vehement verteidigen mussten, um möglichst Köpfe, Beine oder andere störende Objekte auf dem Bild zu vermeiden. Immer gelang es uns zwar nicht, aber es war eine klare Steigerung zum letzten Mal. Trotzdem mussten wir im Akkord fotografieren, denn die Zeit pro „Halle“ war erneut sehr kurz. Das Farb- und Lichtspiel war wiederum atemberaubend. Es wäre traumhaft, diesen mystischen Ort für sich alleine zu haben.

Nachdem wir uns fotografisch ausgetobt hatten, nahmen wir den Weg zum Bryce Canyon unter die Räder. Das letzte Stück unserer Tagesetappe fuhren wir durch den Red Canyon. Wir waren uns beide einig, dass dieser Abschnitt durch die roten Steinschluchten einer der Schönsten war, welche wir auf unserer Rundreise erlebt hatten. Als wir dann am Bryce Canyon beim Sunrise Point ankamen, staunte ich erneut über das Wunderwerk Natur. Es war ein komplett anderes Landschaftsbild, als wir bis anhin gesehen hatten (abgesehen von der Coal Mine, die jedoch nur ansatzweise an diesen Canyon heran kommt). Nicht umsonst besitzt der Bryce den Status eines Nationalparks. Schroffe Felsen, tolle Farben und einmalige Aussichten waren nur einige Attribute des Canyons. Marcus beschloss, zwischen den roten Sandsteinsäulen hindurch ins Tal zu steigen. Ich fühlte mich an diesem Nachmittag nicht besonders gut und wartete deshalb beim Aussichtspunkt. Nachdem er von seiner Rundwanderung zurückkehrte, folgten wir dem Scenic Drive bis zum Bryce Point. Obwohl die Perspektive bei den Aussichtspunkten jeweils eine leicht andere war, war der Canyon von überall gleichermassen atemberaubend. Eine Märchenlandschaft aus unzähligen Felstürmchen, die in der untergehenden Sonne orange-rot leuchteten. Nun war die Sonne verschwunden und es wurde empfindlich kalt. Trotz klammen Fingern fotografierten wir weiter, bis wir fast kein Licht mehr hatten. Erst dann fuhren wir zum Grand Hotel Best Western und wärmten uns bei einem warmen Abendessen wieder auf.

Mittwoch, 30. Mai 2012: Bryce Canyon – Valley of Fire – Las Vegas

Auch an diesem Morgen klingelte der Wecker früh, aber wann eigentlich nicht? Nach einem aussergewöhnlich guten Frühstück fuhren wir noch bei Dunkelheit durch den Parkeingang, der um diese Uhrzeit noch unbesetzt war. Unser Ziel für den Sonnenaufgang war der Inspiration Point. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig zum Aussichtspunkt bevor ein grosser Car mit einer Ladung Japaner ankam. Phuu, diesmal hatten wir Schwein gehabt, denn die Plattform war klein. Diesmal hatten die Asiaten das Nachsehen. Wir mussten auf dieser Reise oft genug hinten anstehen beziehungsweise uns in Geduld üben, weil sich alle aber wirklich alle asiatischen Touristen vor oder unter die Sehenswürdigkeit für ein Foto stellen mussten. Diesmal liessen wir nicht locker, auch wenn sie versuchten, sich zwischen uns zu drängen. Der Bryce liegt auf einer Höhe von 2400 bis 2800 Metern, so dass es am Morgen sehr kalt war. Wir froren und warteten - aber als sich dann die Sonne über die Berge schob, wurden wir reichlich belohnt mit einem wundervollen Ausblick über das Amphitheater. Es war eine Zauberwelt aus rotem Sand- und Kalkstein mit zierlichen Türmchen und Zinnen, einsamen Säulen, Brücken und kleine Felsfenstern, all das in herrlichem Morgenlicht.

Durchgefroren ging es drei Stunden später zurück ins Hotel, wo wir uns nochmals für zwei Stunden unter die warme Decke legten. Danach fuhren wir Richtung Valley of Fire. Wiederum führte unser Weg durch den Red Canyon vorbei an fantastischen, leuchtend roten Felsformationen. Die Erosion schafft aus dem roten Sandstein ständig neue Türmchen, Spitzen und Brücken, während alte relativ rasch abgetragen werden oder einstürzen. Wir genossen die Panoramafahrt und erreichten vier Stunden später das Valley of Fire, wo wir noch eine alte Rechnung zu begleichen hatten: Die Fire Wave bei Sonnenuntergang fotografieren. Bereits um 15.00 Uhr marschierten wir vom kleinen Parkplatz der Strasse entlang und folgten anschliessend dem Trampelpfad bis zur Steinformation. Das Valley of Fire war mit einer beinahe unerträglichen Hitze und trockenen Luft gesegnet, so dass wir uns erstmals in den Schatten setzten. Aber wir gönnten uns nur eine kurze Pause, denn noch waren wir ganz alleine hier. Marcus kannte mittlerweile einige Kameraeinstellungen mehr, sodass das grelle Sonnenlicht kein Hindernis für gelungene Bilder mehr war. Zufrieden mit dem Resultat ging es vor Sonnenuntergang wieder bergauf zum Auto. Auf der Weiterfahrt leuchteten die Felsformationen im warmen Sonnenlicht tief-rot bis gold-gelb. Unser nächstes Ziel war die Wüstenstadt Las Vegas, die wir ursprünglich nicht im Programm hatten. Aber warum eigentlich? Ein bisschen Luxus kann nicht schaden. Zudem war das glitzernde Glücksspielparadies ein wirklicher Gegensatz zu den bisher besuchten menschenleeren Landschaften. Die Fahrt über den Strip zu unserem Hotel The Palazzo war anstrengend, da man aufgrund der vielen Lichter und Schilder kaum noch Ampeln sieht. Dennoch haben wir es geschafft. Es war ein seltsames Gefühl, als wir die Lobby mit unserer Outdoor-Kleidung betraten, denn wir waren die einzigen Rucksacktouristen unter der heraus gepützelten Klientel. Schwer beladen ging es durch die Glitzerwelt der Kasinos zum Lift bzw. unserem Zimmer. Dieses war sehr geräumig und bot eine fantastische Aussicht. Am Abend liessen wir es uns so richtig gut gehen und genossen ein hervorragendes Essen im Restaurant des Palazzo. Danach machten wir einen Verdauungsspaziergang entlang dem Strip, wo bunte Lichter die imposanten Hotelkomplexe erstrahlen liessen. Aufregendes Entertainment, sündiges Nachtleben, erstklassiges Shopping und Luxushotels – hierfür steht Las Vegas. Die Wüstenmetropole war einerseits unglaublich faszinierend, gigantisch und fantastisch. Vor allem die Dimensionen der einzelnen Ressorts waren schon sehr beeindruckend. Das Venetian hatte beispielsweise einen Kanal aus Wasser im Inneren des Gebäudes auf dem sogar Gondeln fuhren. Andererseits war die Stadt des Glückspiels einfach nur grössenwahnsinnig, Ressourcen verschwenderisch und abstossend. Wir bekamen ziemlich schnell genug vom Trubel und zogen uns gegen 23.00 Uhr auf unser Zimmer zurück.

Donnerstag, 31. Mai 2012: Las Vegas

An unserem letzten Urlaubstag liessen wir es ruhig angehen. Am Vormittag wechselten wir die Unterkunft, um ein Zimmer eines zweiten Hotelkomplexes zu sehen. Den Nachmittag verbrachten wir mit Shoppen und Relaxen am Pool. Unser Zimmer im 37. Stock des Hotels Cosmopolitan hatte einen kleinen Balkon. So konnten wir das eindrückliche Wasserspiel vom Hotel Bellagio, welches mit klassischer Musik begleitet war, in Ruhe geniessen. Zum Abendessen ging es ins Ceasar Palace, ein weiteres Hotel, das einem römischen Palast nachempfunden wurde. Zurück im Hotel packten wir unsere Taschen für die Heimreise. Um 2 Uhr fielen wir dann beide müde ins Bett.

 

Freitag, 01. Juni 2012: Las Vegas - Zürich

An diesem Morgen klingelte ein letztes Mal der Wecker für uns im Urlaub. Wir packten unsere Reisetaschen, assen die letzten trockenen Getreideriegel zum Frühstück und machten uns auf zum Flughafen. Die wenigen Kilometer bis zum Airport waren rasch bewältigt. Obwohl unser Reisegefährt nicht zu den Komfortabelsten gehörte, fiel uns der Abschied schwer. Immerhin hat es uns 3‘043 Meilen durch die Gegend kutschiert, ohne auch nur ein einziges Mal zu stöhnen oder zu zicken. Nur ein Ölwechsel war dringend notwendig, leuchtete doch die Lampe seit unserem Aufenthalt im Bryce Canyon auf. 

Wenig später sassen wir bereits im Flugzeug nach Kalifornien. In der Transithalle in San Francisco mussten wir noch einige Stunden bis zum Weiterflug totschlagen. Mit Spielen verging die Zeit aber relativ flott. Auf dem Rückflug gab es ein letztes Abendessen. Danach schliefen wir ein und erwachten erst kurz vor der Landung in Zürich wieder. Mein Vater holte uns wie immer am Flughafen ab und brachte uns nach Hause. 

Drei erlebnisreiche Wochen lagen hinter uns, die in mancher Hinsicht anders herausgekommen sind, als wir uns vorgestellt hatten. Erstens sind wir teilweise unsystematisch in der Gegend herumgekurvt (teils mangels Verfügbarkeit an Unterkünften) und mussten so einige Umwege in Kauf nehmen. Es zeigte sich einmal mehr, wie hilfreich eine durchdachte Reiseplanung ist, für die es mangels Zeit vor der Abreise diesmal leider nicht mehr reichte. Zweitens liessen wir uns in einigen Fällen zu schnell einschüchtern (z.B. von den Strassenverhältnissen zum Toroweap Point oder von Wanderungen im Grand Staircase Escalante National Monument). Und drittens waren wir aufgrund von Erkältungen und grippeähnlichen Symptomen geschwächt und konnten deshalb beachtlich weniger unternehmen als geplant. Nichtsdestotrotz war es eine eindrückliche Reise in eine steinerne Wunderwelt, in der wir Slot Canyons und tiefe Schluchten ebenso wie zu Stein erstarrte Meereswellen, imposante Naturbögen und vielfarbige Badlands fanden. Die Landschaften waren atemberaubend schön und übertrafen unsere kühnsten Erwartungen. Im Gegensatz zu den verhältnismässig einsamen und menschenleeren Landschaften erlebten wir in Las Vegas eine Stadt voller Prunk, die fesselnd und abstossend zugleich war. 

Allen Naturfreunden können wir eine Reise durch die Nationalparks der USA nur wärmstens empfehlen. Oder in den Worten von Sven Hedin ausgedrückt: „Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste!“

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Wüstenzauber und Eiskristalle