Im Land der Leoparden mit Hochs & Tiefs

Strand oder Natur? Meer oder Busch? Unser zweites Reiseziel in diesem Jahr war lange offen. Doch wenn es nach mir geht, gibt es nur eine Destination: Afrika, was sonst! Seit ich den faszinierenden Kontinent entdeckt habe, gibt es für mich nichts Schöneres als die unvergleichliche Stimmung im afrikanischen Busch zu geniessen und die aufregende Tierwelt zu beobachten. 

So gingen wir im Herbst - ganz zu meiner Freude - zurück nach Afrika, in ein für uns noch unbekanntes Land. Sambia. Das Land zählt zu den Top Regionen in Afrika, um traumhafte Safaris abseits des Massentourismus zu unternehmen und versprach damit genau das, was wir suchten. Die Auswahl der Camps innerhalb des grossflächigen South Luangwa Nationalparks war wie immer schwierig. Schliesslich überzeugten die auf Fotografie ausgerichteten Shenton Camps im Norden des Luangwa-Tals sowie zwei Camps von Robin Pope Safaris, um noch andere Regionen mit leicht unterschiedlicher Landschaft in die Route miteinzubeziehen. 

Seit langem stand dieses Land ganz oben auf meiner Liste der geplanten Reiseziele. Nun war es endlich soweit! 

 

Samstag, 26. September 2015: Zürich – Dubai  

Für einmal gestaltete sich der Ferienstart etwas anders als gewohnt, denn der Stress setzte etwas später ein als auf anderen Reisen. In aller Ruhe konnten wir am Samstag unsere Reisetaschen packen. Mein Vater brachte uns am Abend wie immer zum Flughafen. Der Check-in Schalter der Emirates Airline befand sich im neu eröffneten Terminal 2 des Zürcher Flughafens. Zu meiner Überraschung fanden wir keine Self Check-in Schalter vor. Gibt es so was noch in der heutigen Zeit, schoss es mir durch den Kopf. Die Schlange vor dem Economy Schalter war entsprechend lang und die Abfertigung war besonders langsam. Ich schaute immer wieder auf die Uhr, da ich unbedingt noch im Departure Duty Free einkaufen wollte. Beim Online Schalter nebenan ging es hingegen speditiv voran, weshalb ich mein Glück an diesem Schalter versuchte. Es war ja klar, dass wir wieder zurück geschickt wurden. Jetzt mussten wir uns wieder zuhinterst in der Schlange einreihen und verloren dadurch ein paar Plätze. Marcus schimpfte mit mir. Aber einen Versuch war es trotzdem wert. Über den Lautsprecher wurde eine Verspätung unserer Maschine durchgegeben. Die neue Abflugzeit war noch unbekannt, weshalb sie den Passagieren trotzdem rieten, zur ursprünglichen Boardingzeit am Gate zu sein. Trotz knapper Zeit liess ich mir den Einkauf im Duty Free Store nicht entgehen. Dann eilten wir zum Gate im Dock E, wo das lange Warten und Bannen begann. Unser Flugzeug hatte nämlich einen platten Reifen. Es war lange unklar, ob wir Zürich noch vor dem Nachtverbot verlassen konnten. Immer wieder griff der Chef des Bodenpersonals zum Mikrofon und spielte sich so richtig auf. Aussagen wie «ich gebe euch erst wieder Informationen, wenn alle still sind» über «der Abfertigungs-Crew habe ich so richtig Dampf gemacht» bis hin zu «ihr müsst beim Boarding strikt die von mir festgelegte Reihenfolge befolgen, sonst bleibt ihr (zur Strafe) nämlich alle in Zürich sitzen». Zu Beginn waren die Aussagen noch amüsant, aber je knapper die Zeit wurde, desto mehr nervte mich dieser Drill Sergeant. Nun war ich plötzlich froh über die dreistündige Aufenthaltszeit in Dubai. Sofern wir Zürich an diesem Abend noch verlassen konnten, sollten wir den Anschlussflug nach Lusaka trotz Verspätung erwischen. Ganz knapp vor dem Nachtverbot hoben wir endlich von Zürich ab. Es ging auf zu neuen (afrikanischen) Ufern! 

 

Sonntag, 27. September 2015: Dubai - Lusaka – Mfuwe – South Luangwa Nationalpark (Kaingo)

Es war eine kurze Nacht. Die Verspätung konnten wir bis Dubai nicht mehr aufholen, so dass sich unsere Umsteigezeit entsprechend verkürzte. Die Wege am Flughafen waren lang, doch dank der speditiven Sicherheitskontrolle schafften wir es rechtzeitig zum Gate. Emirates war bezüglich des Handgepäcks sehr kulant. Kein lästiges Wiegen der Fotorucksäcke, sondern einfach nur ein freundliches Durchwinken. Zufrieden setzten wir uns auf unsere Plätze und richteten uns gemütlich ein. Wir staunten nicht schlecht über die teils übergrossen Handgepäckstücke anderer Passagiere. Sogar eine Tasche in der Grösse eines Unihockeyschlägers, die bestimmt ein ganzes Handschuhfach beschlagnahmte, war mit dabei. 

Der Flug war restlos ausgebucht, und ich war froh über unsere vorreservierte Zweierreihe. Die 7.5 Flugstunden vergingen mit Filme schauen, spielen und schlafen relativ schnell. Wir machten auch noch Bekanntschaft mit einer Amerikanerin und ihren Freunden, die ihre Safari im gleichen Camp wie wir starteten. Kurz vor der Landung in Lusaka kamen Turbulenzen auf. Mir fiel das Herz in die Hose. Ich griff nach Marcus’ Hand und drückte sie fest. Innert weniger Minuten war mir übel und ich war froh, als ich endlich festen Boden unter den Füssen spürte. Zügigen Schrittes marschierten wir zur Einreisehalle, wo wir eine besonders langsame Schlange erwischten. Es ging und ging nicht voran, es war zum Verzweifeln. Die Amerikaner waren schon lange durch. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit wechselte ich schliesslich zum Schalter nebenan und reihte mich bei den Diplomaten ein. Wieder schüttelte Marcus den Kopf, doch wenn wir unserem Anschlussflug nicht hinterher winken wollten, mussten wir es einfach probieren. So streng nahm das in Afrika bestimmt niemand. In dieser Reihe ging es bedeutend schneller, und ob Diplomat oder nicht, das interessierte hier wirklich niemanden. Unsere Taschen drehten auf dem Gepäckband schon ihre Runden und so konnten wir immerhin gleich weiter. In allerletzter Minute erreichten wir das Gate für die Weiterreise, welches das Bodenpersonal bereits schliessen wollte. Wir drückten ihnen unsere beiden Taschen in die Hände und eilten durch die Sicherheitskontrolle. Zu unserem Glück interessierte sich niemand mehr für das Gewicht unserer Fotoausrüstung. Wenige Minuten später sassen wir in der kleinen Maschine in Richtung South Luangwa. Es war stickig und auch die Turbulenzen liessen nicht lange auf sich warten. Ohne Reisemedikament war der Flug für mich eine Qual. Doch auch das hatte irgendwann ein Ende. Nun konnte endlich unser Urlaub beginnen.

Strahlender Sonnenschein und 40 Grad – so begrüsste uns Sambia nach unserer Ankunft am Flughafen von Mfuwe. Es war eine Hitze wie in einem Backofen. Wir schnappten nach Luft wie Fische auf dem Trockenen. Unser Fahrer wartete schon in der Ankunftshalle auf uns. Nur wenige Minuten nach der Landung passierten wir ursprüngliche Dörfer, in denen lachende Kinder miteinander spielten und bunt gekleidete Frauen die Ernte des Tages auf ihrem Kopf nach Hause trugen. Männer flitzten mit ihren Motorrädern herum und Kinder hockten in einer Strohhütte um einen alten Fernseher herum und schauten Fussball. Der in Afrika typische Duft von Feuer und Staub stieg mir in die Nase. Ein wohliger Schauer der Vertrautheit und Freude lief mir den Rücken herunter, darüber wieder hier zu sein, wo ich am liebsten bin.

Die Sonne näherte sich dem Untergang. Nach einer guten halben Stunde Fahrt durch das Städtchen erreichten wir den Luangwa-Fluss, der die Grenze des Nationalparks bildet. Neben den hier lebenden 230 verschiedenen Säugetieren und rund 400 Vogelarten zeichnet sich der Park durch eine Besonderheit aus: Durch seine isolierte Lage unterscheiden sich die hier lebenden Tiere zum Teil stark von ihren Artgenossen in anderen Teilen Afrikas. Einige Tierarten wie die Thornicroft-Giraffe kommen sogar nur hier vor. Das macht den South Luangwa auch für erfahrene Safarireisende zu einer ganz speziellen Destination, die durch ihre landschaftliche Vielfalt und ihren Tierreichtum in einer Reihe steht mit den ganz grossen Nationalparks Afrikas. 

Bereits kurz nach unserer Einfahrt in den Park waren wir bereits mittendrin im afrikanischen Busch. Schon auf der Fahrt zum Camp bereiteten uns Impalas einen herzlichen Empfang. Auch drei Leoparden und eine Hyäne kreuzten unseren Weg. Mit diesem Begrüssungskomitee hatten wir nicht gerechnet, daher hatten wir auch kein Stativ zur Hand. Das Fotografieren ohne Stabilisation war bei diesen Lichtverhältnissen eine ziemliche Herausforderung, doch Marcus meisterte diese bravourös. Immer tiefer ging es in den Busch. Äste schlugen links und rechts gegen unser Fahrzeug, so eng war teilweise der Weg. Dann erreichten wir unsere erste Station der Reise, das Kaingo Camp. Als wir aus dem Fahrzeug stiegen, wurden wir von der Managerin mit einem Willkommenstrunk und feuchten Tüchern begrüsst, die wir dankend annahmen. Der Empfang war sehr herzlich und gab uns sofort das Gefühl, an einem ganz speziellen Ort angekommen zu sein. Nach dem kurzen Briefing zeigte uns die Managerin persönlich unser Bungalow. Das rötlich bemalte, steinerne Chalet stand am South Luangwa Fluss an der hohen Uferböschung. Das Zimmer war sehr geschmackvoll ausgestattet mit einem grossen Doppelbett, schönen Holzmöbeln, en-suite Badezimmer, einem bequemen Sofa und einer open-air Badewanne (die wir allerdings nie benutzten). Direkt über der Uferböschung stand ein überdachtes Deck mit zwei Sesseln und einem Tisch. Von hier aus liess sich der gesamte Fluss überblicken. Die Sterne standen klar und zu tausenden am Himmel und der Blutmond leuchtete in einem kräftigen Rot.

Nach einem guten Abendessen im Schein der Buschlampen fiel ich erschöpft und überwältigt in mein Bett. Die weite Savanne verströmte ihren aromatischen Duft und eine leichte Brise wehte die Geräusche der afrikanischen Nacht herbei. Das ist das Kaingo Camp, das ist der South Luangwa Park, das ist einfach nur ganz weit weg vom Rest der Welt. Und ich war einfach nur glücklich!

 

Montag, 28. September 2015: South Luangwa Nationalpark (Kaingo)

Um 05:30 Uhr hallten Trommelschläge durch den Busch. Das war ein Brauch, den ich wahnsinnig liebte und wenn es nach mir ging, konnte das Trommeln ewig andauern. Es war einfach ein tolles Erlebnis, diesem für Afrika besonders typischen Klang zu lauschen. Am liebsten wäre ich liegen geblieben, aber die Neugier auf die Tiere war grösser. Nach einer kleinen Stärkung am Feuerplatz ging es hinaus in die Wildnis. Die Landschaft war mit Wäldern, freien Ebenen, Flussufern und Lagunen sehr abwechslungsreich. Schon bald entdeckte unser Guide zwei Löwendamen. Ihr Bauch war so voll, als ob sie einen Fussball verschluckt hätten. Mäuler, Brust und Pfoten waren noch blutverschmiert. Die Löwen waren dermassen voll gefressen, dass sie sogar noch zu müde waren, sich in den Schatten zu verschieben. 

Wir zogen weiter, beobachteten Kudus, viele Vögel und einige Hippos auf ihrem Weg in tieferes Gewässer. Den nächsten Stopp legten wir mitten auf einer flachen Ebene ein, wo Löwen in der Nacht einen Büffel gerissen hatten. In der prallen Sonne hielten es die vollgefressenen Löwen nicht lange aus. Trotzdem gaben sie ihre Beute noch lange nicht an die schon wartenden Hyänen und Geier ab. Abwechslungsweise nagten die Löwen an der Beute herum. Schliesslich zog ein Junglöwe den tonnenschweren Koloss in den Schatten eines Strauches. Es ist immer wieder erstaunlich, welch Kräfte diese Katzen besitzen. Langsam aber sicher wurde es auch für uns unerträglich heiss in der Sonne. Wir fuhren weiter und waren dankbar über den, wenn auch heissen, Fahrtwind. Kurz darauf hörten wir das laute Gezeter der Paviane, die sich über einen Eindringling beschwerten. Aufgeregt folgten wir den Rufen, doch der Leopard war besonders scheu und wollte nicht gesehen werden. Im hohen Gras konnten wir ihn kurz ausmachen, bevor er fauchend auf uns zu rannte, nur um im nächsten Augenblick bereits wieder zu verschwinden. Als er in unmittelbarer Nähe drei Löwen entdeckte, suchte der Leopard das Weite. In der Ferne konnten wir nochmals einen kurzen Blick auf das Tier erhaschen – dann war es definitiv verschwunden.

Nach einer Pause im Schatten, in der wir uns die Beine vertreten konnten, machten wir uns auf den Rückweg. Doch unser Guide hatte entweder unglaublich gute Augen oder eine besondere Anziehungskraft für Leoparden, oder vielleicht auch beides... Jedenfalls entdeckte er auf einem Baum in etlicher Distanz ein weiteres Exemplar dieser wunderschönen Tiere. Bei genauerem Betrachten sahen wir, dass dieser Leopard gepierct war – nicht ganz freiwillig natürlich. Er war nämlich einem Stachelschwein etwas zu nahe gekommen. Nun steckte unterhalb des Auges ein abgebrochener Stachel in seinem Kopf. Autsch! Das stell ich mir sehr unangenehm und schmerzhaft vor. Am Nachmittag wurde der gleiche Leopard nochmals gesehen – diesmal ohne Piercing. Offenbar hatte er den Stachel auf seiner Jagd auf ein Warzenschwein verloren. Nochmals Glück gehabt!

Um halb elf waren wir zurück im Camp, um elf Uhr wurde dort ein Brunch serviert. Die Uhrzeiten wurden vom Klima diktiert. Das Programm der Shentons war jedoch insofern anders, als dass während der Mittagszeit eine dritte Aktivität angeboten wurde. Zum Camp gehören nämlich einige Beobachtungsstände, aus denen man die Wildtiere aus unmittelbarer Nähe beobachten konnte. So fuhren wir nach dem Mittagessen zum «Hippo Hide», welcher in einer engen Kehre des Luangwa-Flusses quasi auf Augenhöhe der Flusspferde errichtet war und indem man den Tieren so nah wie sonst nirgendwo war. Grunzend, prustend und pupsend hingen Jungtiere und die bis zu 2000 Kilo schweren Alten im trüben Wasser des Luangwa herum. Sie gähnten, tauchten für mehrere Minuten unter, kamen wieder hoch, liessen die rosa Stummelöhrchen rotieren und widmeten sich sofort wieder der lautstarken Verdauung. Wir versuchten den Moment zu fotografieren, in dem sie ihre Mäuler aufrissen und die mächtigen Zähne zu erblicken waren. Gar nicht so einfach bei so vielen Hippos. Wenn man nämlich erst durch das schnelle Klicken der Kamera nebenan auf ein Tier aufmerksam wurde, war es bereits wieder zu spät. Wir versuchten unser Glück während eineinhalb Stunden, bevor wir für eine kurze Siesta zurück ins Camp fuhren, denn um 15:00 Uhr ging es bereits wieder weiter. 

Am Nachmittag waren wir alleine unterwegs. Wir konnten unser erstes Puku fotografieren und kamen an einer Gruppe Paviane vorbei, die besonders viele Jungtiere hatte. Ein kleiner Pavian liess sich tatsächlich auf ein Spiel mit unserem Guide ein... Erst poste der Affe, dann machte unser Guide eine kleine Bewegung, worauf der Affe wieder am Zug war usw. Es war amüsant den beiden zuzusehen und uns gelangen ein paar tolle Bilder. Später suchte unser Guide die seltene Pel’s Fishing Owl hoch oben in den Bäumen. Und tatsächlich fand er einen Teenager, der verschlafen aber trotzdem neugierig zu uns herunter blinzelte. Am späteren Nachmittag fuhren wir im tiefen Sand im Flussbett, wo wir einige Krokodile überraschten und die allgegenwärtigen, dennoch immer wieder faszinierenden Flusspferde aus nächster Nähe beobachteten konnten. Neben Ibis, Löffler und karminroten Bienenfresser entdeckten wir später in der Dunkelheit noch eine ausgewachsene Pel’s Fishing Owl auf einem Baumstamm. Auch ein Löwenpascha gehörte zu unserer Ausbeute an diesem Nachmittag.

Für den Sundowner stoppte unser Guide am Luangwa-Fluss mit wunderbarer Weitsicht. Mit einem coolen Drink in der einen Hand und dem Fotoapparat in der anderen positionierten wir uns hinter dem Fahrzeug und es dauerte nicht lang, da verliess ein Elefantenbulle den Fluss und tat sich unweit von uns an den Blättern eines Baumes gütlich. Ein schöner Tagesabschluss. Zurück im Camp mussten die Bilder auf die externe Harddisk kopiert werden, bevor wenig später zum Abendessen getrommelt wurde. 

Nach einer heissen Dusche schlief ich selig im Herzen des Busches ein. Ein Knistern und Rascheln weckten mich allerdings mitten in der Nacht auf. Ich hob den Kopf und versuchte draussen etwas zu erkennen. Es war dunkel, aber der Mond legte ein leichtes Licht auf die Erde. Trotzdem liess sich nichts ausmachen, was die Geräusche verursachte. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war. Es knackte wieder. Möglichst leise stand ich auf, ging die wenigen Schritte bis zum Fenster und blickte durch das Drahtgeflecht nach draussen. Die Geräusche kamen von rechts. Klingen nah, sehr nah. Ich stand mucksmäuschenstill da und bewegte mich nicht. Da sah ich eine Elefantenkuh, die sich gütlich über die Sträucher neben unserem Chalet hermachte. Das Tier nahm keine Notiz von mir. Stände ich nicht im Chalet, könnte ich vier Schritte nach vorne machen und sie anfassen. Ich genoss diesen eindrucksvollen Moment ehe ich wieder zurück ins Bett ging und tief und fest bis zum nächsten Morgengrauen schlief. 

 

Dienstag, 29. September 2015: South Luangwa Nationalpark (Kaingo)

Aufgrund der täglich zunehmenden Hitze wurde die Tagwache eine halbe Stunde nach vorne geschoben, sprich Weckruf um 05:00 Uhr. Huch, das war früh... Heute hatten wir ein besonderes Morgenprogramm, denn wir hatten den Bienenfresser Unterstand für uns reserviert. Der «Carmine Bee Eater Hide» war ein auf einem Boot montierter Beobachtungsunterstand, der unmittelbar vor einer Karminspint Kolonie im Fluss vertäut war und fantastische Nahaufnahmen dieser Vögel ermöglichte. In einem Kanu wurden wir von unserem Guide durch das knietiefe Wasser zum Boot geschoben, wo der Spass und zugleich auch der Frust begannen. Beeindruckt sassen wir vor einer Kolonie von tausenden von Vögeln, die in die Uferwand ihre Brutröhren gegraben hatten. Loch an Loch und überall Karminspinte. Wir beobachteten das rege Treiben der Vögel und waren über deren Aggressivität überrascht. Immer wieder fielen sie übereinander her und zwickten sich gegenseitig mit den Schnäbeln. Manchmal rollten sie auch zusammen den Hang hinunter oder trugen ihre Kämpfe in der Luft aus. Wir versuchten, Fotos dieser hübschen Vögel zu machen. Doch die quirligen Kerlchen waren derart schnell unterwegs, dass das Fotografieren zur echten Herausforderung wurde. Das wilde Gezwitscher und Geflatter machte einem mit der Zeit halb wahnsinnig und auch die Temperatur stieg merklich an.

Nach zwei Stunden verliessen wir den «Brutkasten» und begaben uns auf einen kurzen Game-Drive. Dabei stiessen wir auf Löwen. Noch satt von einem offenbar üppigen Mahl konnten sie kaum die Augen offenhalten. Für sie waren wir Luft. Auch dass noch ein weiterer Jeep kam, interessierte sie nicht. Liegen, mit dem Schwanz wedeln, blinzen, gähnen und mal kurz in die Runde blicken – mehr war da nicht drin. Nichts ahnend fuhren wir weiter durch den malerischen Ebenholzhain in der Nähe des Camps. Plötzlich tauchten vor uns in einem Halbkreis stehende Stühle und ein gedecktes Brunch Buffet auf. Ich schaute in die lachenden Gesichter des Kaingo Personals. Herrlich, und während noch fleissig an den warmen Speisen gebrutzelt wurde, tranken wir schon mal ein Gläschen Sekt. Erfreut über dieses besondere Arrangement genossen wir inmitten des schönsten Waldes Sambias ein leckeres Mittagessen. Die Überraschung war ihnen gelungen! Gerade solche Extras machten das Kaingo Camp zu einer wahren Oase in einem tierreichen, weitgehend allein genutzten Gebiet mit vielen unterschiedlichen Habitaten. Zum besonderen Service des Camps gehörten auch die Staubschutztücher, die den Gästen für die Kameras gereicht wurden.

Nach einem kurzen Stopp im Camp, in dem wir unsere Akkus ins Service-Häuschen gegenüber des luftigen Dining-Zelts und zugleich Lounge zum Aufladen brachten, fuhren wir erneut zum Hippo Beobachtungsstand, aus dem wir gähnende Mäuler aus nächster Nähe beobachteten. Auch an diesem Tag räkelten und rauften sich zahlreiche Flusspferde mit viel Gegrunze um den besten Platz, der anscheinend genau dort zu sein schien, wo schon jemand lag. Ein Bulle war besonders aggressiv. Er riss sein grosses Maul auf und schmetterte ein mächtiges Grunzen durch die Luft. Dann tauchte er ab, nur um an leicht anderer Stelle wieder aufzutauchen und einen Artgenossen mit unzähligen Luftblasen und eindrücklicher Drohgebärde zu vertreiben. Wasser spritzte in einem regenbogenfarbigen Schwall um die schweren Körper herum.

Auf der Nachmittagspirsch wurden unsere Nerven getestet. Mit uns waren nämlich zwei Spanier ins Auto geklettert, die pausenlos quasselten und totale Vogelfreaks waren. Bei jedem noch so kleinen Vögelchen mussten wir anhalten... In der Ferne entdeckten wir ein achtköpfiges Löwenrudel, das faul am Wasser lag und auch Pukus und Kudus kreuzten unseren Weg. Dazwischen stoppten wir immer wieder für grössere und kleinere Vögel. Meine Nerven lagen blank, und ich war kurz davor mich zu beschweren. Doch dann tauchte endlich eine Leopardin auf. Sie war auf der Jagd und nutzte einen Graben, um sich Perlhühner anzuschleichen. In geduckter Stellung lauerte sie ihrer Beute auf. Wie ein Pfeil schoss sie schliesslich hinauf, verschätzte sich aber in der Distanz und weg waren die Hühner. Noch ehe die Leopardin wieder in Deckung war, schlugen die Paviane auf den Bäumen bereits Alarm. Die Jagd war vorerst vorbei. Die Leopardin ruhte sich im Graben aus, bis sich die Lage wieder entspannte und ihr die Dunkelheit die nötige Tarnung verlieh. 

Allmählich legte sich die Nacht über den Park. Meine Sinne schärften sich. Ich hörte unzählige Geräusche. Jetzt am frühen Abend erwachte der Busch wieder zum Leben, nachdem die Tiere der grossen Hitze während des Tages aus dem Weg gegangen waren. Auch noch nach Einbruch der Dunkelheit hielten wir nach nachtaktiven Tieren Ausschau. Während der Guide sich auf das Fahren konzentrierte, suchte ein sogenannter «Spotter» auf dem Beifahrersitz mit einem Scheinwerfer nach in der Dunkelheit blitzenden Augen. Ein Leopard lag im Busch auf der Lauer. Der Spotter schaltete das Licht aus, um sowohl dem Leoparden wie auch den Impalas eine faire Chance bei der Jagd zu geben. Spannung kam auf. Es war stockdunkel. Wir sassen alle mucksmäuschenstill (ich bin sicher dem Spanier fiel es besonders schwer) im Jeep und lauschten den Geräuschen. Ein kleines Rascheln hier und dort, dann herrschte wieder totale Stille. Mit Infrarotlicht leuchteten wir zwischendurch in den Busch und stellten fest, dass sich die Leopardin ihrer Beute angenähert hatte. Irgendwann nahmen die Impalas allerdings Wind von der Raubkatze und gaben Alarmrufe ab. Die Jagd war geplatzt. Des einen Glück ist des anderen Leid...

Für uns ging es weiter in Richtung Camp. Wir sahen viele Ginster- und Zibetkatzen, doch fotografieren konnten wir die scheuen Kreaturen leider nicht. Hier wurde den Gästen eine echte Nachtsafari geboten, wie wir es noch nirgendwo sonst erlebt hatten. Unser Guide lief zur Hochform auf und nahm nun den Scheinwerfer selbst in die Hand. Wo wir nur grünes Blattwerk sahen, hielt er den Schein der Lampe plötzlich auf einen Punkt fixiert. Er stoppte das Fahrzeug direkt vor einem dichten Busch. Erst bei ganz genauem Hinsehen erkannten wir die Konturen und langsam bildete sich das ganze Bild. Ein Chamäleon thronte auf einem Zweig. Wahnsinn, wie er den gesehen hatte. Ich hatte kurz davor meinen Wunsch geäussert, und schon ging er dank unserem Guide in Erfüllung. Ich war glücklich und fragte, ob ich den kleinen Kerl in die Hand nehmen dürfte. Unser Guide hielt die Hand zum Tier hin, doch dieses wollte seinen Zweig nicht verlassen. Der Spanier konnte natürlich nicht auf sein Maul sitzen und wusste alles besser. Echt ätzend dieser Typ! Weil das Chamäleon keine Anstalten machte, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, riss der Guide schliesslich den Zweig samt Chamäleon ab. Mit seiner leuchtenden Farbe war das nur wenige Zentimeter kleine Wesen sofort der Star im Busch. Auf meiner Hand war der Kleine plötzlich ganz flink unterwegs und kraxelte mir den Arm hinab. Ich hatte den Dreh noch nicht ganz raus, da nahm mir der Spanier das Chamäleon schon weg und demonstrierte arrogant, wie ich die Hand hätte halten müssen. Mit Betonung auf hätte, denn für ihn war es nun genug, worauf er das Chamäleon wieder auf den Busch setzte, wo es vom schützenden Gestrüpp verschluckt wurde. Diese Dreistigkeit verschlug mir die Sprache, ich konnte es nicht fassen! 

Einige Zeit später war Szenenwechsel. Ein neuer Akteur erschien vor unserem Auto. Die Sichtung eines Stachelschweins tröstete mich über die vorherige Situation hinweg. Noch nie hatten wir dieses nachtaktive Tier vor die Linse gekriegt. Die Freude war leider sehr einseitig, denn der Kleine war über unsere Anwesenheit gar nicht erfreut und rannte schnell weg. Sein Hinterteil machte sich auf den Fotos nicht besonders gut. Doch dann drehte er seinen Kopf für einen klitzekleinen Moment, um sich zu vergewissern, dass er uns abgehängt hatte. Das war unser Moment. Klick – und das Foto war im Kasten. 

Zurück im Camp vereinbarten wir mit dem Guide, dass wir am nächsten Morgen bereits um 5 Uhr abfahren würden, um den schönen Ebenholzhain in der aufgehenden Sonne zu fotografieren. Das hingegen interessierte die Spanier überhaupt nicht, weshalb sie lieber ausschlafen wollten, was ich wiederum Klasse fand, denn so waren wir diese Nervensägen los. 

An der Bar, die aus einem tausendjährigen Baumstamm geschliffen war und die sich innerhalb des luftig konzipierten Dining-Zelts befand, genoss ich zum Snack einen Amarula. Das Abendessen war sehr entspannt, Gäste und Personal sassen locker beisammen und unterhielten sich, Drinks wurden auch jetzt noch grosszügig angeboten. Obwohl ich körperlich angeschlagen war wegen einer heftigen Erkältung, unterhielten wir uns noch lange mit Amerikanern, bis ich kaum mehr die Augen offenhalten konnte. Zurück in der Hütte fielen mir schnell die Augen zu, während die Hippos sich noch lange unterhielten.

 

Mittwoch, 30. September 2015: South Luangwa Nationalpark (Mwamba)

Der Wecker klingelte (für unsere Verhältnisse) mitten in der Nacht. Die Uhr zeigte 04:15 Uhr. Schlaftrunken rieben wir uns die Augen und stiegen in unsere Klamotten. Noch waren die Temperaturen angenehm, doch das änderte schnell wieder. Nach einem leichten Frühstück am Feuerplatz verabschiedeten wir uns im Camp. Kaingo ist klein, gemütlich und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Der wirklich hohe Komfort wurde jedoch erst durch die besonders freundschaftliche Stimmung perfektioniert und die Betreiber und Guides hatten für jedes Anliegen ein offenes Ohr.

Voller Tatendrang kletterten wir auf’s Fahrzeug. Am Westufer des Luangwa-Flusses befand sich der einzigartige Ebenholzhain, der nur einen Katzensprung vom Camp entfernt war. Er ist der grösste seiner Art im Tal. Wir stiegen aus dem Fahrzeug aus und machten uns an die Arbeit. Aus verschiedenen Perspektiven und Winkeln versuchten wir die märchenhaften Lichtverhältnisse unter den Bäumen fotografisch festzuhalten. Die Waldkulisse war traumhaft und die Stimmung magisch: uralte Bäume mit ihren dichten Baumkronen, die sich wie ein Zeltdach über den ganzen Wald legten und durch die nur wenige Sonnenstrahlen bis zum Boden dringen vermochten, dazu kam das rote Laub, das den ganzen Boden bedeckte. Antilopen und Paviane suchten zwischen den Bäumen nach Futter. Sogar ein Hippo verirrte sich in den Wald. Es war herrlich, doch so sehr wir uns auch bemühten, die Stimmung kam auf den Fotos nicht ansatzweise herüber. Deshalb brachen wir die Übung ab und liessen uns überraschen, welche Tierbeobachtungen der Busch für uns bereit hatte. 

Eine einsame Löwin kletterte die steile Uferböschung hinauf und wanderte eine Zeit lang neben unserem Auto her. Danach übten wir unsere Fotokünste bei einer geduldigen Gabelracke, die mehrmals von einem Ast zum Boden und wieder hochflog. Den Rest des Morgens verbrachten wir bei einem Leoparden, den unser Guide dank Warnrufe von Pavianen wieder perfekt aufgespürt hatte. Die Raubkatze lag zu Beginn in der Astgabel, bevor sie sich weiter oben im Baum auf einem dicken Ast entspannt niederliess. Wir konnten den Burschen in aller Ruhe und Pracht ablichten. 

Schliesslich verliessen wir diesen Platz für unsere Kaffeepause. Danach fuhren wir gemächlich Richtung Mwamba, unserem nächsten Camp. Wieder verrieten eindringliche Warnrufe die Präsenz eines Leoparden. Und tatsächlich: lautlos und elegant schlich das schöne Tier durch das Unterholz. Es war ein ausgewachsenes Männchen. Obwohl er nur gemächlich dahin schritt und gelegentlich sogar anhielt, um sein Revier zu markieren, fiel es uns schwer, ihm zu folgen. Als er schliesslich ins Dickicht kroch, zogen wir weiter und erreichten rechtzeitig vor dem Brunch unser neues Daheim.

Das Mwamba Bush Camp ist die kleinere Schwester vom Kaingo und liegt im nördlichen Teil des South Luangwa Parks am trockenen Flussbett des Mwamba Flusses, etwa 20 Minuten Fahrzeit vom Luangwa-Fluss beziehungsweise Kaingo Camp. Mwamba ist stilvoll und «bushy» zugleich. Es besteht aus lediglich vier Hütten. Die kleinen Rondavels sind aus Bambus erbaut, Stroh gedeckt und nur mit ein wenig Draht zusammengehalten. Die Chalets hatten eine Art «Dachfenster», ein mit Moskitonetz versehener Ausschnitt im Dach gab den Blick auf den Sternenhimmel frei. So einfach die Unterkunft auch war, es war alles Nötige vorhanden. Einzig ein schattenspendender Baum fehlte ausgerechnet neben unserer Hütte. Oh weh, bei 43°C und absoluter Windstille fühlte es sich an wie in einem Backofen. 

Auch hier wurde zum Mittagessen getrommelt. Die Melodie war anders und für meinen Geschmack nicht ganz so schön wie im Kaingo. Der Brunch wurde im Hauptgebäude serviert. Das Wort «Gebäude» trifft es im Fall Mwamba nicht ganz, denn es gab nur eine open-air Bar und eine mit Ried eingefasste Fläche mit einigen Sesseln und einem Tisch. Das Essen schmeckte ausgezeichnet. 

Da sich am Wasserloch vor dem Beobachtungsstand neben dem Camp nichts tat, gönnten wir uns endlich eine Siesta. Ich war müde und nickte trotz Hitze sofort ein. Danach gönnte ich mir eine kühle Dusche im angrenzenden Freiluft-Badezimmer, wobei nach der Dusche vor der Dusche war. Bei der kleinsten Bewegung war ich bereits wieder bachnass – und mit jedem weiteren Tag stiegen die Temperaturen höher und höher. 

Auf der Nachmittagspirsch waren wir mit dem Camp Manager und zugleich Guide alleine unterwegs. Neben Buschböcken, die sich bisher immer erfolgreich verkrochen, kaum hatten wir die Kamera gezückt, waren wir wie immer auf Leoparden aus. Unsere Fahrt war leider nicht von besonders vielen Tieren geprägt. Wir fanden Zebras, Reiher, Giraffen, Krokodile und eine Büffelherde. Auch ein Elefant schaffte es auf die Liste. Spannung kam jedoch erst auf, als per Funk die Lokation eines Leoparden durchgegeben wurde. Leider befanden wir uns gerade am anderen Ende der Ebene, so dass wir nun ein Rennen gegen das noch verbleibende Sonnenlicht hatten. Als wir endlich beim Leo waren, dämmerte es bereits. Der Leopard lag auf einem umgekippten Baumstamm und schaute noch etwas verschlafen aus der Wäsche. Doch es dunkelte schnell ein und so kehrten auch die Lebensgeister der Raubkatze zurück. Beim Baumstamm schnüffelte er noch kurz an einer Duftmarke bevor er sich langsam in Bewegung setzte. Unschlüssig, wohin die Reise gehen sollte, kletterte er auf einen Baum, nur um ein paar Minuten später wieder herunter zu kommen. Die nächste Pause gönnte er sich auf einem Termitenhügel, bevor es bereits wieder den nächsten Baum hinauf ging. Auf dem Hochsitz entdeckte er einige Impalas in der Distanz. Wir löschten das Licht und warteten in der Dunkelheit gespannt auf ein Geräusch. Der Leopard schlich sich lautlos an, doch wieder witterten die Impalas die Gefahr und mit nur ein paar eleganten Sprüngen waren sie ausser Reichweite. So liessen wir den Leoparden nach einiger Zeit und vielen tollen Fotos in Ruhe ziehen. Euphorie kam nochmals auf, als wir eine junge Pel’s Fishing Owl (Bindenfischeule) am Boden entdeckten. Wir machten ein Sicherheitsfoto und wagten uns dann leise ein paar Meter vor. Wieder knipsten wir ein Foto bevor wir uns nochmals näherten. Die junge Eule mit ihrem wuscheligen Gefieder am Kopf nahm es gelassen. Ihre kräftigen Greifzehen und scharfkantigen Krallen liessen sich sehen, die möchte ich lieber nicht am eigenen Leib spüren. Mit den beiden letzten Beobachtungen war die Pirschfahrt gerettet und es ging gemütlich zurück ins Camp.

Donnerstag, 1. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Mwamba)

Mit den ersten Sonnenstrahlen waren wir wieder auf den Beinen. Löwen wurden im Camp gesichtet. Deshalb liefen wir nach dem Frühstück zum Beobachtungsstand hinunter, doch die Kätzchen waren in der Zwischenzeit verschwunden. Da es zu gefährlich war, die Löwen zu Fuss weiter zu suchen, stiegen wir in den Jeep. Auf der Ebene oberhalb des Wasserlochs lagen die Löwen im Gras, ein Männchen und zwei Weibchen, doch ihnen schien eine Laus über die Leber gekrochen zu sein, denn sie waren schlecht gelaunt und verlangten einen grösseren Abstand.

Später auf der Pirschfahrt war wieder tote Hose, weshalb wir uns entschieden, die restliche Zeit im Beobachtungsstand im Camp zu verbringen. Dieser war rund 50 Meter von den «Zimmern» entfernt. Vor dem Hide hatte es noch etwas Wasser, das diverse Tiere anlockte. Eine ganze Herde der interessant gestreiften endemischen Cooksons Wildebeest kam zum Wasserloch. Sie sahen anders aus als die mir bekannten blauen (Botswana) und Weissbart-Gnus (Kenia). Auch Paviane und andere Antilopenarten hatten inzwischen das Wasserloch angenommen und tranken hier. Wir sahen viele Vögel, darunter einen Fischadler, Tauben und die niedlichen Lilians Lovebirds. Es war das erste Mal, dass wir die fotogenen Erdbeerköpfchen (der deutsche Name ist nicht schön) sahen. Unzählige Blutschnabelweber sassen in den Büschen am Hang und verwandelten ganze Sträucher in gefiederte Wesen. Regelmässig stürzten sie sich mit viel Lärm auf das Wasserloch oder flogen aufgeregt hoch, wenn sich ein anderes Tier näherte. Wie durch geheime Kommandos flogen sie gemeinsam auf, um sich kurz darauf in einer grossen Traube an einer anderen Stelle wieder nieder zu lassen. Wir schauten den Schwärmen der Blutschnabelweber eine Weile zu, die wie Tornados über die Landschaft fegten. Es kam einem vor, als ob sie nach einer geheimen Choreografie handelten. Wie geht das nur, dass alle immer genau das Gleiche tun? 

Es war viel los beim Wasserloch, so dass keine Langeweile aufkam. Dann ertönten die Trommeln – es war Essenszeit. Das Essen war lecker. Doch dann kam schon wieder Hektik auf. Eine Elefantenherde ging am Camp vorbei und peilte das Wasserloch an. Schnell schnappten wir unsere Kameras und liefen zum Hide hinunter, den wir gerade noch rechtzeitig erreichten. Die Matriarchin hatte ein wenige Monate altes Kalb dabei und war deshalb besonders vorsichtig. Der Kleine wusste noch nicht mit dem Rüssel umzugehen. Deshalb kniete er runter, um mit dem Maul direkt zu trinken. Er war echt niedlich. Als ein ausgewachsenes Tier ins Wasser stand und damit in unsere Reichweite kam, stockte mir der Atem. Ich hätte die Hand ausstrecken und ihn berühren können. Friedlich lud der Dickhäuter eine Rüsselladung nach der anderen in den Rachen. Die Elefanten sorgten bestens für Unterhaltung. Eine Dame legte sich in den Morast, sass schliesslich auf ihr Hinterteil und kratze sich, in dem sie langsam von links nach rechts und wieder zurück rutschte. Es sah köstlich, aber nicht sehr damenhaft aus, doch sie fühlte sich offenbar puddelwohl. 

Nach dieser Begegnung zogen wir uns für eine kühle Dusche in unser nach oben offenes Bad zurück. Auch ein Erlebnis – man duscht schliesslich nicht jeden Tag unter freiem Himmel. 

Dann ging es auf die Nachmittagspirsch. Auf den offenen Ebenen grasten überall zahlreiche Antilopen, Impalas und Pukus und auch Wasserböcke bekamen wir zu Gesicht. Als wir entlang der Uferkante mit Blick auf das grösstenteils ausgetrocknete Flussbett fuhren, sah Marcus einen Leoparden, der bei wunderschönem Licht auf einem abgestorbenen Baumstamm posierte. Ein Safarijeep stand bereits im sandigen Flussbett mit bester Sicht auf die Raubkatze. Wir wollten natürlich auch hinfahren, doch unser Guide winkte ab, weil sein Fahrzeug schwerer war als die anderen und auf Sand einsinken würde. Deshalb wollten wir an der Uferkante bleiben, um wenigstens von dort aus zu fotografieren. Doch dann bekam unser Guide die Nachricht, dass sich noch ein zweiter Leopard in der Nähe befand. Obwohl wir diese Position nicht verlassen wollten, hatte der Guide kein Gehör für unsere Wünsche und fuhr einfach weg. Wir waren überaus enttäuscht. Geht man so mit seinen Gästen um? Der zweite Leopard lag auf einem Baum, jedoch war das Blattwerk so dicht, dass wir nicht einmal das ganze Gesicht sehen konnten. Der Guide versuchte uns, die Sichtung schmackhaft zu machen, doch wir drängten ans Flussufer zurück. Erst nach einer Weile gab er klein bei und wagte sich sogar ein paar Meter auf dem Sand vor. Uuuuh! Alle anderen Fahrzeuge konnten mühelos hinfahren, nur wir mussten in meilenweiter Entfernung stehen bleiben. Nun war die Sonne weg und der Leopard am Boden, bevor er wenige Sekunden später auf die andere Seite des Baumstamms wechselte und damit für uns nicht mehr sichtbar war. Während die anderen Fahrzeuge einfach um den Baumstamm herum fuhren, machte sich unser Guide in die Hosen. Er war Engländer und hatte erst im Vorjahr seine Prüfungen abgelegt. Sein theoretisches Wissen war gut, doch das war alles nutzlos, wenn er doch die Tiere nicht finden konnte und sein Fahrzeug nicht im Griff hatte! Bisher hatte er alle Löwen und Leoparden nur mit Hilfe von anderen Guides gefunden. Erschwerend hinzu kamen die fehlenden lokalen Sprachkenntnisse, denn er konnte der Kommunikation der anderen Guides per Funk nicht folgen. Auch im Dunkeln ging es gleichermassen weiter und unser Guide war auf die Hilfe der anderen angewiesen. Immer einen Tick zu spät, konnten wir jeweils die Raubtiere gerade noch weglaufen sehen. Wir waren enorm frustriert über unsere Situation und dafür, dass wir einen so grottenschlechten Guide zugewiesen bekamen, denn das Gebiet zwischen dem Kaingo und dem Mwamba Camp war grundsätzlich sehr abwechslungsreich und man bekam, rein theoretisch, auch sehr viele Tiere am Fluss, in den Lagunen und in den Ebony und Mopani Wäldern zu Gesicht. Aber eben nur theoretisch...

Zurück im Camp erzählte unser Guide seiner Frau stolz, er hätte vier Leoparden gesehen. Dass wir sie allerdings nur von hinten weglaufen sahen, war nur ein kleines Detail, das er ihr gerne verschwieg. Ich konnte es nicht fassen! Ich hätte schon lange reklamiert und einen anderen Guide verlangt, aber ich konnte mich an niemanden wenden, da er ja selber auch noch Camp Manager war. Die Situation war verzwickt und für uns sehr frustrierend. 

Die Camp Managerin deckte bei einem Look-out auf einem Termitenhügel im Camp einen wunderschönen Tisch voller Kerzen und kunstvoll gefalteter Servietten nur für Marcus und mich. Das war nett, doch das brachte uns die verpassten Tiere auch nicht zurück. Nach dem Dessert begleitete uns ein Wächter zu unserer Hütte, wo ich erschöpft ins Bett fiel.

 

Freitag, 2. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nsefu)

An diesem Morgen hätten wir ebenso gut ausschlafen können, denn gesehen hätten wir ungefähr gleich viel wie auf der Pirschfahrt. Ein paar Antilopen und Hippos waren schon dabei, klar, aber ganz ehrlich, das löste mittlerweile eher ein laues Gähnen in uns aus als enthusiastische Aufwallungen. Wir konnten nicht verstehen, warum der Guide immer die offenen Ebenen abfuhr, anstatt nach den Leoparden in den Wäldern Ausschau zu halten. Wir waren überzeugt, dass er sich nicht die Blösse geben wollte, weil er in den dichten Wäldern nichts finden konnte und bevorzugte daher eine Gegend, in der wirklich nichts weiter als ein paar Antilopen grasten. Wir forderten ihn auf, in die Wälder zu fahren, doch er ignorierte uns. Der Spass hörte endgültig auf, als er planlos beim Hyänenbau herumfuhr und ich ihm schliesslich noch den Weg zeigen musste (ich konnte mir den Weg merken, als wir vor drei Tagen mit unserem ersten Guide dort waren). Marcus verkniff sich ein Schmunzeln, peinlicher ging es nun wirklich nicht mehr!!!  

Ich war froh, als das Ganze endlich ein Ende hatte und wir im Kaingo Camp für die Flussüberfahrt abgesetzt wurden. Wir trafen die Camp Managerin und schütteten bei ihr unser Herz aus. Dann verabschiedeten wir uns von ihr, liefen ins fast ausgetrocknete Flussbett hinunter und setzten schliesslich mit einem Kanu über das übrig gebliebene, knietiefe Wasser. Auf der anderen Flussseite wurden wir von unserem neuen Guide begrüsst. Im Fahrzeug wartete ein österreichisches Ehepaar, das mit uns die nächsten drei Tage auf Pirsch verbringen würde. 

Nsefu liegt, wie es der Name schon sagt, im Nsefu Sektor an der östlichen Flussseite, gleich gegenüber des Kaingo Camps. Das Camp liegt am äusseren Rand einer Flussbiegung, von wo aus man seinen Blick über den Fluss und die Ebenen schweifen lassen kann. Die Begrüssung im Camp war kühl und nüchtern. Informationen zum Ablauf im Camp gab die Lady erst auf unser Fragen hin. Es war eine eigenartige Situation und sehr atypisch für Afrika. Das hatten wir auch noch nie erlebt. Das ist die Gefahr des dauernden Reisens: Man vergleicht alles mit dem bereits erlebten, und da war ganz bestimmt immer etwas vorher, das das momentane Erlebnis in den Schatten zu stellen drohte. Die steinernen Rondavels mit Rieddach sind im Stil der Hunter Camps aus den früheren Jahren gebaut, weiss bemalt und leicht erhöht mit kleiner Veranda. Das runde Zimmer hatte gut Platz für ein grosses Bett, die «Fenster» hatten weder Scheiben noch Moskitonetz und die Wände im Badezimmer waren ziemlich niedrig geraten. Das Badezimmer bot deshalb wenig Privatsphäre, insbesondere auch weil die Zimmer recht nahe beieinander gebaut wurden. Trotzdem wirkte das Zimmer gemütlich und wir fühlten uns wohl darin.

Das Mittagessen schmeckte gut, doch waren die Portionen sehr knapp berechnet. Danach gönnten wir uns eine Pause. Es war heiss im Zimmer, doch eine leichte Brise wehte durch die grosse, fast offene Front der Hütte. Um 15:00 Uhr trafen wir uns für Tee und Kuchen im Hauptgebäude. Es war sehr offen und leicht erhöht, so dass man eine tolle Sicht auf eine Flussbiegung hatte. 

Nach Kaffee und Kuchen war es Zeit für eine weitere Pirschfahrt. Ich war überrascht, wie anders doch die Landschaft auf dieser Flussseite war. Die Ebene war viel offener, so dass es mit Leoparden schwieriger werden dürfte. Um so nerviger waren die zwei verlorenen Tage im Mwamba Camp. Zu Beginn der Ausfahrt sahen wir nichts Prickelndes, doch dann hatten wir doch noch Glück. Wir entdeckten zwei Löwinnen, die offenbar Nachwuchs hatten. Nur konnten wir diese nirgends sehen. Wir warteten einige Zeit und unsere Geduld wurde belohnt, als nach einiger Zeit sechs Löwenbabies den Vorstoss wagten. Nach einem ersten «Schoppen» bei Mutter oder Tante spielten sie, tollten umher, balgten sich vergnügt auf der Wiese und versuchten erfolglos ihre Mutter zum Mitmachen zu animieren. Die Zeit verging wie im Fluge und es war wunderschön, inmitten dieser Wildnis - abseits jeder Wege und ohne Anzeichen von Zivilisation - diese faszinierenden Tiere zu beobachten.

Langsam legte sich die Nacht über den Busch und wir fuhren unter dem klaren Sternenhimmel zurück zur Lodge. Wie immer benutzten wir abends im Bungalow nur noch unsere Stirnlampen, um weniger Moskitos anzulocken. Im spärlichen Licht ging ich langsam die beiden Stufen ins Badezimmer hinunter und schwupp – beinahe lag ich auf dem Boden. Ich war auf etwas Glitschiges getreten. Als ich mit meiner Stirnlampe auf den Boden zündete, sah ich einen kleinen Frosch. Er rührte sich nicht (mehr) und schäumte aus dem Mund. Der Arme, ich hatte ihm doch am Mittag noch gesagt, er solle zu seinem eigenen Wohl verschwinden... Jetzt war ich auf den armen Kerl getreten. Vorsichtig stupste ich ihn an, um zu sehen, ob er noch lebte. Er sprang mit einem grossen Satz weg, konnte aber die Mauern im Badezimmer ohne Trittbrett (alias WC) nicht überwinden. Der Nachtwächter war dann so freundlich und setzte den Frosch wieder in die Freiheit. Wobei schon nach dem Abendessen wieder neue lebensmüde Kameraden auf dem Wassertank oder auf dem Ring unserer Toilette sassen... 

Samstag, 3. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nsefu)

Das morgendliche Ritual war schnell erledigt, um 05:30 Uhr begann der nächste Game Drive. Eine Stunde lang tuckerten wir durch den Busch, ohne viel Aufregendes zu sehen. Dann aber stolzierte ein imposantes Löwenmännchen erhaben, majestätisch und zeitweise brüllend vor uns über die Strasse und bahnte sich seinen Weg durch den Busch. Wir begleiteten seine Exzellenz bis zu einer Böschung, wo er sich genüsslich niederliess, ohne uns dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Als wäre er zu Besuch beim Porträtfotografen - so stolz posierte dieser Löwe vor der Kamera, so gelassen und beinahe arrogant, denn er wusste genau, dass er der König der Tiere ist.

Auf unserer weiteren Fahrt, die uns immer wieder an den Fluss führte, sahen wir unsere alten Bekannten, die Hippos, wieder. Auch rot schillernde Karminspinte versammelten sich zur Brut an den Uferbänken. Sie hatten ihre Höhlen mehrere Meter tief ins Erdreich des Steilufers hinein gebaut, damit die Eier vor Schlangen und Waranen geschützt sind. Unser Guide dachte wohl, den perfekten Platz für unsere Kaffeepause gefunden zu haben. Doch wir hatten wieder «nur» Fotografieren im Kopf. Unsere Reisebegleiter kamen auf die glorreiche Idee, näher ans Ufer auf ein Zwischenplateau hinunter zu gehen. Der Guide liess sich darauf ein, ging aber vorsichtig voraus. Die Hippos waren geschockt über unser Vorhaben und rannten ein paar Meter davon, bevor sie sich wieder ins Wasser plumpsen liessen. Dennoch behielten wir die vermeintlich gemütlichen Pflanzenfresser im Auge, denn sie sind alles andere als friedvolle Pummelchen. Schritt für Schritt näherten wir uns den Karminspinten, die wir hier von der Seite ablichten konnten. Wir versuchten sie auch im Flug zu erwischen, was, wie wir ja schon wussten, nicht ganz so einfach war. Wir hatten aber einige Models zum Üben, so dass uns das gewünschte Bild schliesslich doch noch gelang. 

Unser Glück auf der Pirschfahrt hielt noch weiter an... wir entdeckten eine Leopardendame im Gebüsch. Genüsslich lag sie auf dem Boden, rollte sich auf den Rücken und streckte alle Viere von sich. Dann plötzlich fuhr sie die Krallen aus und rannte mit einem unfreundlichen Knurren auf uns zu. Der Guide verdächtigte uns einer unerlaubten Bewegung und schimpfte, doch ich bin sicher, dass sie auf seinen viel zu laut eingestellten Funk reagierte. Die Leopardin war nicht mehr in Stimmung für Fotoshootings. Wir folgten ihr noch eine kurze Weile, doch der Boden war hier fürchterlich löchrig und holprig, so dass wir sie kurze Zeit später in Ruhe liessen. Unser Guide fand ein alternatives Plätzchen am Flussufer für unsere Pause, bevor es anschliessend zurück in die Unterkunft ging. 

Während dem Mittagessen unterhielten wir uns mit den Österreichern und stellten fest, dass sie weit mehr in der Welt umher gereist waren als wir. Da haben wir ja noch was zum Nachholen ;-) Das Mittagessen war ok, aber mengenmässig wieder knapp (wenn nicht zu knapp) bemessen. Nach der Siesta und einer kühlen Dusche ging es am Nachmittag wieder hinaus in den Busch. Wir kamen allerdings nicht weit. Wieder einmal waren es die Geier, die uns den Weg wiesen. Sie sassen zu Dutzenden in den Bäumen, starrten alle in eine Richtung und warteten offenbar auf ein reichhaltiges Mahl. Langsam tuckerten wir mit dem Fahrzeug über den trockenen, löchrigen Boden. Unser Guide liess die Gelegenheit nicht aus, uns vorher nochmals unter die Nase zu reiben, dass Offroad fahren eigentlich nicht erlaubt wäre. Trotzdem – es war ein Volltreffer und hatte sich definitiv gelohnt, denn wir konnten die Löwenfamilie bei einem Büffelriss bei Tageslicht beobachten. Ein kleines, wenige Monate altes Löwenjunges kam aus dem Busch getapst und schmiegte sich an seine Mutter. Nach einer gründlichen Körperwäsche mit der Zunge legte sich die Löwin auf die Seite und liess ihr Junges trinken. Fünf weitere Kätzchen tauchten aus dem Busch auf und begrüssten zärtlich die Mutter. Es war eine schöne Szene, die ich mit grossen Augen aufnahm. Unendlich lange standen wir da und beobachteten diese knuddeligen Katzen. Vor uns lag ein Knäuel aus Pfoten, Köpfen, Körpern und Schwänzen. Sie umarmten sich, lagen halb aufeinander, gähnten, leckten sich gegenseitig, wälzten sich auf den Rücken oder schmusten miteinander. Zudem waren die Jungen richtige Vielfrasse. Ständig nuckelten sie an Mamas Zitzen, kletterten wild hin und her, über die Geschwister und Mutter hinüber. Es war ein ewiges Gerangel und Geschiebe um den besten «Trinkplatz», für den auch mal die Krallen ausgefahren wurden. Mit zunehmender Dunkelheit waren die Kleinen mit ihren prallen Bäuchen endlich etwas lebendiger. Ein Junges kletterte auf einen Ast und ein anderes spielte mit einem Grashalm, der sich im Wind wiegte. Doch die Spielzeuge waren nur von kurzer Dauer interessante Beute. Auch wenn unser Guide herum nörgelte, als wir ihn zwischendurch baten, das Fahrzeug leicht anders zu positionieren, war es ein unglaublich schöner Nachmittag.

Auf der abendlichen Rückfahrt zum Camp kam Spannung auf: Ein Leopard lag im Busch auf der Lauer. Nicht weit entfernt grasten Impalas, auf die es der lautlose Jäger abgesehen hatte. Ganz langsam und fast vollkommen geräuschlos näherte er sich den Antilopen. Wir waren mindestens genauso angespannt und warteten schweigend was passieren würde. Wir beobachteten, wie der Leopard den Impalas immer näher kam. Was für ein Erlebnis! Die Herde entdeckte den Jäger jedoch zuerst. Ihre aufgeregten und eindringlichen Warnrufe durchbrachen die Stille und der Jagdversuch wurde abgebrochen.

Der Tag hielt noch eine letzte Überraschung für uns bereit. Just vor unserem Camp machten wir neben einer Ginsterkatze eine Pythonschlange aus, die soeben die Strasse kreuzte. Es war mittlerweile stockdunkel, also mussten wir für vernünftige Fotos näher ans Objekt heranfahren. Der Guide stoppte nach unserem Geschmack viel zu früh. Als wir ihn freundlich baten, noch ein paar Meter weiter nach vorne zu fahren, damit wir die Schlange auch von vorne ablichten konnten, fauchte er uns an und fügte hinzu, dass die Python hochspringen könnte. Das kauften wir ihm nicht ab, denn welche Schlange macht das schon ohne ernsthaft bedroht zu sein. Nun war der Guide eingeschnappt und verärgert. Er fuhr vor und zurück und machte schliesslich einen grossen Bogen um die Schlange, doch mit viel zu hohem Tempo. Es war ja klar, dass die Python aufgrund der Bodenerschütterungen Schutz unter einem Strauch suchen würde. Da schaute uns der Guide demonstrativ an, so quasi, das habt ihr nun davon. Wir waren sehr enttäuscht und empört über sein Verhalten, es wäre auch anders gegangen. So hatte dieser spektakuläre Nightdrive einen etwas faden Nachgeschmack, der viel Gesprächsstoff während dem Abendessen lieferte. 

Sonntag, 4. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nsefu)

Um 5:30 Uhr verliessen wir (eine halbe Stunde früher als die anderen Gäste) das Camp. Als erstes fuhren wir nochmals zum Ort, an dem wir die Löwen am Vorabend gesichtet hattet. Sie waren über Nacht an Ort und Stelle geblieben und nagten noch immer am Büffelkadaver herum. Es lag jedoch ein derart übler Gestank in der Luft, dass mir beinahe das Frühstück wieder hoch kam. Da brachte auch ein Schal vor der Nase kaum Linderung. Da die Löwen satt und träge waren, fuhren wir kurze Zeit später weiter. Ein anderes Fahrzeug tauchte vor uns auf, das einer Film Crew gehörte. Unser Guide stoppte sofort und fuhr in entgegengesetzter Richtung weiter. Ich traute meinen Augen nicht. Hier wurde die Film Crew doch tatsächlich bevorzugt behandelt, während die Gäste des Camps zweite Klasse waren. Unsere Reisebegleiter rasteten aus – zu Recht. Doch wie schon am Vorabend ignorierte uns der Guide und fuhr ohne auch nur mit der Wimper zu zucken weiter. Er spulte viele Kilometer ab, bis wir ein Feuchtgebiet erreichten. Ein paar Kurven weiter stellte er den Motor aus und wir glitten lautlos auf Dutzende Kronenkraniche zu. Immer mehr dieser schönen Kraniche schwebten mit sanften Schwingen auf uns zu, wo einer nach dem anderen im Sumpf landete. Auch ein Schreiseeadler mit seinem weissen Kopf und schwarzbraunen Gefieder ging in die Lüfte.

Im Camp informierte uns der Manager über den Ablauf des kommenden Tages, da es für weitere vier Nächte ins Nkwali Camp ging. Sie wollten den Transfer anstelle der morgendlichen Pirschfahrt machen und argumentierten, dass der Transfer zugleich Pirschfahrt war. Darauf wollte ich mich keineswegs einlassen und insistierte auf die normale Ausfahrt mit anschliessendem Transfer. Nach langem Hin und Her willigte der Manager schliesslich ein.

Auf der Nachmittagspirsch, unweit des Camps, entdeckten wir ein Löwe, der seiner Dame hinterher schlich. Der Guide fuhr einige Meter von der Strasse weg, fügte jedoch sogleich hinzu, dass er ihnen nicht folgen werde. Da die Film Crew den Löwen hinterher ging, fragte ich neugierig nach, warum wir nicht auch näher fahren konnten. Der Guide war genervt über meine Frage und fauchte mich böse an. Diese Dreistigkeit ging mir mittlerweile mächtig auf die Nerven, denn er hatte sich schon mehrmals im Ton vergriffen. Der Typ wusste offenbar nicht, wem er seinen Lohn zu verdanken hatte, denn mit seinem Verhalten vergraulte er gut zahlende Kundschaft. Ich war sehr enttäuscht, dass wir uns nun, nach der Pleite mit dem Guide in Mwamba, auch noch mit einem arroganten Kerl herumschlagen mussten. Sambia ist bekannt für die besten Guides im südlichen Afrika, doch davon spürten wir überhaupt nichts. Im Gegenteil, 2/3 unserer bisherigen Guides waren hundsmiserabel, so dass mir sogar die Lust auf Safari verging. Auch die Österreicher, die ebenso viele Pirschfahrten auf dem Buckel hatten wie wir, fanden den Guide und das Management in Nsefu eine Katastrophe. 

Nach diesem Fiasko fuhren wir nochmals zur Karminspint Kolonie, um diese bei besserem Licht fotografieren zu können. Viele Vögel waren allerdings ausgeflogen, so dass wir Zeit für einen Sundowner fanden. Die Stimmung über dem Luangwa-Fluss war atemberaubend. Mit einem Drink in der einen Hand und der Videokamera in der anderen setzte ich mich abseits der Gruppe an die Uferböschung, wo ich einen fantastischen Sonnenuntergang in allen Schattierungen von Gelb, Orange und Rot erlebte. Ich schaute hinab in die Ebene mit ihrer unendlichen Weite und auf den sich ständig verändernden Lauf des Flusses. Alles war in das warme Licht getaucht, das so typisch ist für Afrika. Die Vögel sangen auf afrikanisch (eben anders als bei uns...) und die Hippos hoben gelegentlich die Köpfe und schnaubten oder grunzten laut. Es war einer jener Momente, der sich fest in mein Herz brannte und für den es sich definitiv lohnte, um die halbe Welt zu reisen.

Während wir im Camp ein paar Snacks genossen, erschien im Scheinwerferlicht eine Silhouette. Eine, die wir den ganzen Tag über gesucht hatten. Als ob die Leoparden uns an der Nase herumführen wollten, schlenderte nun einer an der Bar im Camp vorbei. Während wir ein typisch sambisches Essen unter dem Sternenhimmel genossen, fing es doch tatsächlich an zu regnen. Die leichte Brise war eine willkommene Abkühlung, die uns schliesslich in einen tiefen Schlaf begleitete.

Montag, 5. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nsefu)

Wie gewohnt wurden wir um 05:00 Uhr geweckt und nach einem kleinen Frühstück brachen wir zusammen mit dem österreichischen Ehepaar zum Gamedrive auf. Eine Stunde nach Aufbruch entdeckten wir einen Leoparden mit einem erlegten Baby Puku in den Ästen eines dicht bewachsenen Baumes. Er war misstrauisch und unruhig. Immer wieder suchte er sich eine neue Position auf dem Baum... mal auf einem dünnen Ast mit 1000 Zweigen vor seinem Gesicht, von wo er auf uns herab blicken konnte... mal lag das wunderschöne Tier auf den dicken Astgabeln und spähte zu uns herüber. Fast immer versteckte er sich jedoch hinter Zweigen oder dichtem Blattwerk. Unsere Kameras waren in Position und bereit zum Dauerfeuer. Als er sich irgendwann erhob und uns wenige Sekunden freien Blick schenkte, liefen unsere Kameras mit hoher Drehzahl und nur das Maschinenfeuer (der Fotoapparate) unterbrach die Stille. 

Auf der Weiterfahrt boten die vielen Vögel Unterhaltungsprogramm bis wir schon bald wieder auf Raubkatzen stiessen, diesmal auf Löwen. Zwei Weibchen mit dem Anführer im Schlepptau schlenderten durch den Busch. Es war allerdings viel zu heiss, als dass noch etwas Sehenswertes passieren würde. Deshalb suchten wir am Luangwa ein lauschiges Plätzchen für unsere Kaffeepause bevor wir anschliessend zurück ins Camp fuhren. Nach der Ankunft wollte uns der Manager sprechen, denn heute war unser Abreisetag. Doch nun wurde uns eine weitere Nacht im Nsefu Camp angeboten. Auf meine Frage, warum sie dies machen würden, meinten sie, dass die Gäste im Nkwali (ebenfalls ein Robin Pope Camp) andere Interessen hätten als wir. Nun hatten wir die Qual der Wahl. Der Vorteil von Nsefu war, dass wir uns mit dem österreichischen Ehepaar gut verstanden und gemäss Manager im Nsefu Sektor mehr (Raub-)Tiere und weniger Touristen anzutreffen waren. Der Nachteil war jedoch, dass wir einen weiteren Tag mit dem frechen, launischen Guide unterwegs waren. Hinzu kam (gemäss Einschätzung eines älteren deutschen Ehepaars) die eher spärliche tierische Ausbeute im Zentrum des Parks. Nach langem Hin und Her entschieden wir uns schliesslich für eine weitere Nacht im Nsefu.

Nach einem weiteren „Fauxpas“ der Camp Crew rasteten die Österreicher beim High Tea in der Bar aus. Er kritisierte sowohl das Management wie auch das Verhalten unseres Guides massiv. Der Guide konnte die hitzige Diskussion deutlich hören, reagierte jedoch überhaut nicht darauf. Für die Ausfahrt war ich schon auf das Schlimmste gefasst. Doch siehe da, plötzlich verhielt er sich wie ein umgekehrter Handschuh: nett, freundlich und zuvorkommend. So wie es eigentlich sein müsste. Wir machten einen Leoparden im Baum aus. Als wir gerade näher fuhren und unsere Kameras in Position brachten, schreckte der Leopard auf, kletterte vom Baum herab und entwischte uns. Für ein Foto reichte es gerade noch knapp, allerdings nur von hinten.

Etwas weiter flussabwärts stiessen wir erneut auf das Löwenpaar, welchem wir uns am Vormittag wegen schlechter Laune unseres Fahrers nicht nähern konnten. Als kleiner Trost sassen wir heute in der ersten Reihe, als das Löwenmännchen das Weibchen bestieg, dabei brüllte, die Zähne fletschte und dem Weibchen in den Nacken biss. Nach 10 Sekunden war der Spuk vorbei, der König der Tiere legte sich erschöpft hin und schlummerte vor sich hin. Das Ergebnis der Vorstellung kommt mit vier Monaten Verspätung auf die Welt, im Normalfall sind es ein bis vier Jungtiere. Nach dieser «Showeinlage» verliessen wir den Schauplatz. Nach wenigen Minuten trafen wir auf die beiden Löwinnen mit ihren «youngsters», die genüsslich an den Überresten eines Pukus herum nagten. Später verliessen sie die Deckung und sprangen noch ziemlich tapsig auf der offenen Ebene herum. Es war wunderbar, die Jungmannschaft in Bewegung zu sehen und zu fotografieren. An diesem Nachmittag wurde uns wirklich eine breite Palette an Tieren «serviert», so dass wir unsere Entscheidung, um eine Nacht zu verlängern, nicht bereuten. 

Dienstag, 6. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nkwali)

Vor Sonnenaufgang waren wir wieder startklar. Die heutige Morgenpirsch wurde für die Verschiebung ins nächste Camp genutzt. Das war quasi der Preis, den wir für die Verlängerungsnacht im Nsefu bezahlten. Uns wurde allerdings versichert, dass es keine reine Transferfahrt, sondern ein Game Drive wäre. Doch weit gefehlt! Es war äusserst flau mit Tieren und der Camp Manager von Nsefu, der diese Aufgabe höchst persönlich übernahm, spulte seine Kilometer ab ohne sich zu kümmern, was sich rechts und links des Weges bewegte. Obwohl ich so was in der Art erwartet hatte, war ich trotzdem enttäuscht, denn uns wurde anderes versprochen. Wir hatten die Schnauze voll von unfähigen Guides und die Freude auf Safaris ist uns damit vergangen. Es hätte uns nichts ausgemacht, zum jetzigen Zeitpunkt nach Hause zu fahren. Das ist definitiv nicht Ziel eines Urlaubs, erst recht nicht, wenn er noch eine Stange Geld gekostet hatte. Echt Schade! Auf halber Strecke war dann Treffpunkt mit einem Vertreter vom nächsten Camp, doch Euphorie kam bei uns keine auf. Wir waren enttäuscht von Sambia. Erwartungen an Nkwali hatten wir keine mehr und auch die Hoffnung auf spannende Tierbeobachtungen hatten wir verloren. Doch der neue Guide war anders. Er steckte uns mit seinem fröhlichen Wesen und seiner zuvorkommenden Art sofort an. Bei ihm waren wir in guten Händen. Der Unterschied hätte grösser nicht sein können. Eeendlich! Nach einem Tee und trockenen Keksen nahmen wir die zweite Hälfte der Wegstrecke in Angriff, Landschaften und Habitate wechselten sich. Wir passierten eine grosse Büffelherde, die einen matschigen Seitenarm des Luangwa-Flusses durchquerte. Eine Büffelkuh blieb im Sumpf stecken, der nun bei brütender Hitze ein langer Todeskampf bevorstand. Armes Tier! Der Guide erzählte uns von einer Leoparden Sichtung. Das musste er uns nicht zweimal sagen – unser Ziel war gesetzt. Die Fahrt dorthin dauerte allerdings einen Moment. Zwischen dichten Sträuchern führte schliesslich eine enge Fahrbahn tiefer in den Busch hinein. Das war keine offizielle Strasse, aber aufgrund der vielen Fahrzeuge an diesem Morgen war sie schon ziemlich ausgefahren. Eine Steigerung von Abgasen und Lärm startender Motoren und rangierender Fahrzeuge gab es, als wir beim Tatort (Leoparden mit Büffelkadaver) eintrafen. Die Szene spielte sich in dichtem Gestrüpp ab und die vielen Äste erschwerten uns das Leben beim Fotografieren. Wir waren trotzdem glücklich über diese Begegnung. Unweit des Leoparden entdeckten wir auch zwei majestätische Löwenmännchen mit unterschiedlicher Fellfarbe. Besonders vom hellblonden Exemplar waren wir begeistert. Was für ein Prachtkerl! Er war kein Albino, doch seine Pigmentfarbe war deutlich heller als normal. Satt und träge lagen sie im Schatten, blinzelten verschlafen in die Mittagssonne und liessen sich selbst von einem lärmenden Jeep nicht in ihrer Siesta stören. Nach einem weiteren Stopp bei einem kleinen See vor der Mfuwe Lodge verliessen wir den Park und erreichten 20 Minuten später das Camp. Neben dem sambischen Manager stand auch unser Guide für die nächsten Tage zum Empfang bereit.

Das komfortable Nkwali Camp liegt zwischen dem South Luangwa-Fluss und einer kleinen Oxbow Lagune. Diese wird über eine kleine Brücke überquert und man gelangt auf eine Wiese, wo die sechs Zimmer und das Hauptgebäude auf privatem Gelände mit herrlichem Blick auf den Fluss stehen. Das Camp verfügt über sechs strohgedeckte, geräumige Chalets mit schönem, halboffenem Bad. Wir wurden ins riesen grosse Familienzimmer einquartiert. Es bietet einen fantastischen Blick auf den Fluss, der oft von Elefanten überquert wird. Die Zimmer haben Steinboden und waren tagsüber gegen vorne vollständig offen - wow, was für ein Gefühl! Am Abend wurde die Front mit Gitter verschlossen und Vorhänge gezogen, eine tolle Idee!

Auch hier wurde bei Essenszeit ein Trommelrhythmus gespielt. Der Essbereich lag neben dem Pool, der nicht sonderlich gepflegt war. Das störte uns aber nicht, da wir keinen Badebedarf hatten.

Nach einer Siesta waren wir mit einem Scout und unserem neuen Guide exklusiv unterwegs. Der Weg in den Park zog sich unendlich lange dahin. Hatten wir mit dieser Lodge erneut einen Fehlgriff gemacht, schoss es mir durch den Kopf. Doch ich meinte, genau diesen Punkt im Vorfeld noch abgeklärt zu haben. Ich konnte mich in diesem Moment allerdings nicht mehr genau erinnern, doch negativ ist dies bei der Buchung garantiert nicht aufgefallen. Bei einem kleinen Rangerhäuschen aus Schilf regelte unser Guide die Formalitäten und wir durften endlich passieren. Der Guide führte uns auf direktem Weg zu einem Leoparden, den er am Vormittag bereits entdeckt hatte, und der in Anbetracht der Hitze mit grosser Wahrscheinlichkeit noch am selben Ort ruhte. Und tatsächlich bekamen wir herrliche Szenen, wo der Leopard Modell stand bei bestem Licht. Nur das Klicken der Kameras erfüllte die Stille und so knatterte ein Speicherchip nach dem anderen durch die Kamera. Der Nachmittag gehörte dem Leoparden, der die Überresten seiner Beute im Baum versteckte. «Seine» Beute war in diesem Fall nicht ganz korrekt, denn er stahl dieses Mahl von einem Weibchen, mit dem er schon zwei Nachkommen zeugte. Jagen kann der Leopard nämlich nicht mehr, denn er war auf einem Auge blind und konnte dadurch die Distanzen nicht mehr richtig abschätzen. Nach einigen Stunden kamen die ersten Fahrzeuge hinzu. Wir zogen uns zurück und suchten nach dem Weibchen, das die Beute an den «Ehemann» abtreten musste. Trotz guten Willens und vollem Körpereinsatz (unser Guide scheute sich nicht, ins dichte Gestrüpp zu fahren) konnten wir die Katze nirgends finden. So fuhren wir nach rund einer Stunde zurück zum Männchen. Dank Hinweis eines anderen Guides fanden wir das Leopardenweibchen doch noch, nur 50 Meter vom Männchen entfernt auf einem Baum. Tja, wenn das Gute liegt so nah.... Aufgrund der vielen Blätter war es wiederum schwierig, eine gute Position zu finden. Doch mit dem besten Guide an der Seite gelang uns auch das. Wenige Minuten später war es stockdunkel. Trotzdem entging unserem Guide und seinem Tracker nichts. Tatsächlich liefen uns an diesem Abend die tollsten Szenen über den Weg... Sie erspähten nämlich ein weiteres leuchtendes Augenpaar in der Dunkelheit, das ebenfalls einem Leoparden gehörte. Es war der Sohn des «Ehepaares». Das majestätische Tier stolzierte mit wiegenden Schritten unmittelbar an unserem Auto vorbei. Als wäre das noch nicht genug, erschien auch noch die Tochter beim Familientreffen. Vier Leoparden an einem Nachmittag und allesamt im Abstand von nur rund 100 Meter. Welch grandioser Tagesabschluss!

Am Abend liess unser Guide das Fahrzeug auf der anderen Flussseite vis-à-vis unserem Camp im Nationalpark stehen, und wir setzten mit dem Motorboot über den Fluss. Das sparte Wege und war offenbar der Grund, warum mir die Lage der Lodge bei der Buchung nicht negativ aufgefallen war. Die Anlegestelle bestand aus Sandsäcken im Wasser. Ich schaffte es aber gut ohne nasse Füsse auf’s Boot und wieder an Land. Die Überfahrt mit dem Boot war in der Nacht sehr abenteuerlich, auch wenn keine Flusspferdgefahr in der Nähe war. Das Abendessen war reichlich und schmackhaft, ich bekam wieder etwas Vegetarisches aufgedeckt. Danach zogen wir uns auf unser Zimmer zurück. Im Sanitärbereich entdeckte ich auf dem Wasserkasten einen Frosch. Der sass da, als wäre er Deko. Als ich mich bei der Toilette etwas umsah, entdeckte ich noch mehr seiner Kumpels. Also muss man auch hier achtgeben wegen Rutschgefahr.

Mittwoch, 7. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nkwali)

Neuer Tag, neues Glück! Um 05:25 Uhr brummte der Motor unseres Bootes. Aufgrund des niedrigen Wasserstandes tuckerten wir in Schrittgeschwindigkeit auf die andere Flussseite hinüber. Die Hippos begrüssten uns mit lautem Gegrunze und ein wunderschöner Sonnenaufgang deutete auf einen weiteren wolkenlosen Tag hin. Ruhe und Abgeschiedenheit machten diesen einzigartigen Platz aus. Welch Sanftheit und Stille strahlte dieser Fluss aus, wenn man sich in einem Boot darauf bewegte und das Flussufer langsam an einem vorbeizog. Nach 10 Minuten wählten wir den Umstieg auf das Fahrzeug. An diesem Morgen schien die Tierwelt auf den ersten Blick nicht so erkundungsfreudig zu sein wie wir. Wir kreuzten Impalas, Pukus und eine Elefantenherde ... alle in das warme Licht des Morgens getaucht. Auch zwei Giraffenmännchen entdeckten wir, die sich einen spielerischen Schlagabtausch lieferten und selbst bei einem Scheinkampf ihr graziles Auftreten nicht verloren. Doch von den hübschen Katzen war weit und breit keine Spur. Drei Stunden später rollten wir noch immer langsam über die Strassen, den Schlaf wieder unübersehbar im Gesicht, doch mit einem Mal war ich hellwach. Da suchten wir im wildesten Gestrüpp nach den Leoparden, und dann sass einer frisch fröhlich auf einem Baum direkt neben der Strasse. Wir waren der dritte Jeep, der sich auf der anderen Strassenseite einreihte. Aus unserem Blickwinkel hing leider immer einer der vielen Äste im Gesicht der Katze. Ich konnte nicht verstehen, warum der andere Guide nicht näher fahren wollte. Aus Anstand blieb unser Guide ebenfalls auf Distanz. Sobald der Leopard den Kopf hob, drückten wir schnell auf den Auslöser, in der Hoffnung, diesen mal ohne Ast oder Blatt zu erwischen. Doch es war beinahe aussichtslos. Die Sonne brannte uns wieder gehörig auf den Pelz, und uns lief das Wasser den Rücken hinab. Trotzdem schmorten wir in der Hitze und warteten, bis der Spotter endlich weiterfuhr und wir unseren Jeep unter den entsprechenden Baum manövrieren konnten. Dann starrten wir gebannt auf dieses wunderschöne Tier, auf das wir nun freien Blick hatten und das nur ein paar Meter von uns entfernt war. Irgendwann wurde es aber auch für uns unerträglich heiss in der Sonne. Wir verliessen den Schauplatz und kehrten zurück ins Camp.

Während dem Mittagessen erhielten wir Besuch von einem Elefanten, der sich im See neben dem Essbereich eine Abklühlung verschaffte und dabei noch etwas Grünfutter verschlang. Nach der mehrstündigen Mittagspause, während der die Sonne unbarmherzig vom Himmel brannte und alles Leben im Busch erlahmen liess, zeigte das Thermometer auf der Veranda des Camps eindrucksvolle 43° Celsius an.

Am Nachmittag zog es uns auf direktem Weg zurück zum Leoparden. Ein anderer Guide von Nkwali war bereits zur Stelle und stand neben dem Auto. Wir ahnten schon, was passiert war. Der Leopard hatte den Baum verlassen. Unser Guide fackelte nicht lange herum. Nach einem äusserst kurzen Wortwechsel schlug er links ein und steuerte den Jeep direkt in das Gestrüpp. Er meinte es ernst und das Offroad-Fahren schien ihm Freude zu machen. Darüber waren wir noch so froh. Es ruckelte heftig, immer wieder peitschten dünne Äste über die Sitze des offenen Wagens. Zweige verhedderten sich an den Sitzen des Autos, Blätter rissen ab. Zwischendurch warfen wir uns sogar auf den Boden, um eine schmerzhafte Berührung mit den stacheligen Sträuchern zu vermeiden. Unsere Anstrengungen wurden mit wunderschönen Katzenszenen belohnt. Der Leopard streifte durch den Busch, so dass wir ihm so gut und so schnell es ging folgten. Herrlich zeigte sich die perfekte Tarnung seiner Fellzeichnung.

Vor Einbruch der Dunkelheit suchten wir uns einen schönen Platz, um den Wagen abzustellen. Wir nippten an unseren Getränken und sahen den unglaublichen Farben der untergehenden Sonne zu. Der Sonnenuntergang war ein Spiegelbild des Sonnenaufgangs: Eine rote Scheibe versank hinter dem Horizont. Als es fast dunkel war, machten wir uns auf den Weg, um unser letztes Vorhaben für diesen Tag in die Tat umzusetzen: Nachtfotografie bei einem gewaltigen Baobab-Baum. Wir spürten förmlich die Kraft, die dieser gewaltige Baum seit unzähligen Jahren gesammelt hat, mit der er Wind, Regen und Trockenheit widerstand. Nachdem unser Guide die Umgebung mit dem Scheinwerfer kontrolliert hatte, hüpften wir samt Fotoapparat und Stativ aus dem Auto und machten uns an die Arbeit. Es war ein schöner und gleichzeitig unheimlicher Moment: «Alleine» zu sein in einem der abgelegensten Nationalparks Afrikas, über uns der atemberaubende Himmel und um uns herum der schwarze Busch mit all seinen Geheimnissen, Geräuschen und fantastischen Tieren. Wir schauten in den funkelnden Sternenhimmel hinauf. Hier auf der Südhalbkugel schienen viel mehr Sterne zu sein. Die Milchstrasse war ganz klar zu sehen und am Horizont leuchtete das Restlicht in wunderschönen orangenen Farben. Es war eine unglaublich intensive Stunde, die wir trotz harter Arbeit in vollen Zügen genossen. 

Nach getaner Arbeit fuhren wir zurück durch die Dunkelheit, über uns der sternenklare Himmel, wie es ihn nur in Afrika gibt. Wir schienen mitten durch ihn hindurch zu fahren, so hell waren die unzähligen Sterne. Zurück im Camp liessen wir uns ein hervorragendes Essen schmecken und legten uns danach erschöpft aber glücklich über diesen aufregenden Tag in unser bequemes Bett. 

 Donnerstag, 8. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nkwali)

Auch an diesem Morgen riss uns der Wecker unsanft aus den Träumen. Nach einer kurzen Katzenwäsche schlüpften wir schnell in unsere Kleider und stolperten wenig später zum Frühstück ans Lagerfeuer. Die Angestellten rösteten Toast auf einem kleinen Grill. Mit einem Tee und einer Schale Müsli mit Joghurt war ich um 05:15 Uhr allerdings zufrieden. Erneut ging es um 05:30 Uhr los, mitten hinein in einen wunderschönen afrikanischen Sonnenaufgang. Auf der Steuerbord-Seite des Bootes ertönte ein lautes schnaufendes Grunzen und ein Hippo tauchte auf, kurz danach noch eines und ein weiteres. Aufmerksam beobachteten uns diverse Augenpaare aus dem Wasser. Riesige braune Köpfe mit kleinen, oben auf dem Kopf liegenden Augen und Nüstern, die beim Schnauben einen feinen Wassernebel versprühten. Ich griff nach der Kamera. Dann tauchte eines nach dem anderen ab – als hätten sie bemerkt, wie atemlos ich sie beobachtete. Am Ufer kletterten wir aus dem Boot, balancierten über die Sandsäcke und hüpften in den Jeep. Angelockt von den farbenprächtigen Karminspinten, von denen wir nicht genug bekommen konnten, ging es heute in eine andere Gegend. Ein Alarmruf hallte durch die Luft. Unser Guide drehte kurzerhand um, um einen Blick ins Gebüsch zu erhaschen. Auf die Schnelle konnten wir nichts ausmachen. Das war nicht weiter tragisch, denn wir wollten später wieder kommen. Jetzt fuhren wir erstmals weiter und erreichten bald ein sandiges Flussbett, von wo aus wir die Steilwände der Uferböschung sahen. Die farbenfrohen Vögelchen waren an diesem Morgen allerdings grösstenteils schon ausgeflogen. Unser Guide war sehr überrascht und so fassten wir den Entschluss, am Nachmittag nochmals her zu kommen. Jetzt ging es zurück auf „Leopardenjagd“. Bei den Büschen, aus denen der Alarmruf ertönte, bogen wir ab und kämpften uns über das holprige Gelände. Rasch entdeckte unser Guide die junge Leopardin, doch sie war sehr scheu und über unsere Anwesenheit alles andere als erfreut. Es reichte gerade noch für ein paar Fotos, bevor sie uns entwischte. Diesmal blieb unser Guide zurück, denn er wusste, dass wir bei dieser Leopardin keine Chance hatten. Dafür trafen wir auf einen riesen Schwarm Webervögel, die sich wie eine Walze über den Boden bewegte. Plötzlich ging ein Rauschen durch die Luft und die Vögel erhoben sich zu einer grossen Welle und liessen sich kurz darauf wieder auf den Boden fallen. Wir beobachteten das Treiben eine ganze Weile. Ein weiteres eindrückliches Naturphänomen! 

Auf unserer Weiterfahrt kreuzten wir eine Elefantenherde und zahlreiche Pukus, jene Antilopen mit viel Fell, die immer knuffig aussahen. Vorbei an einer anderen Reisegruppe ging es in ein sandiges Flussbett. Während die Gäste des anderen Camps gemütlich einen Tee schlürften, erfreuten wir uns über die nächste Leopardensichtung. Die Katze räkelte sich genüsslich im Sand und kümmerte sich nicht um unsere Anwesenheit. Nach einer Weile setzte sich die elegante Dame in Bewegung und zog auf der Suche nach Beute von Busch zu Busch. Mittlerweile realisierten die anderen Gäste, was sie verpasst hatten und kamen ebenfalls angefahren. Der ständige Standortwechsel der Leopardin schien ihnen allerdings schon bald zu mühsam zu sein. Wir blieben alleine zurück und kämpften uns vorsichtig Meter um Meter vor, hinein in dichtes Gestrüpp. Unseren Blick immer auf die hervor peitschenden Äste gerichtet, bemerkten wir erst gar nicht, dass wir die Leopardin bereits im Blickfeld hatten. Wieder musste uns unser Guide auf die Sprünge helfen. Keine drei Meter links von uns sass die wunderschöne Katze auf Augenhöhe auf einem Ast und schaute in unsere Richtung. Welch erhabener Moment! Jetzt waren wir Feuer und Flamme. Offensichtlich waren wir ihr etwas zu nahe auf den Pelz gerückt. Sie knurrte kurz, entspannte sich aber im nächsten Moment wieder. Verweilen wollte sie trotzdem nicht lange an Ort und Stelle. Jetzt war die Jagdleidenschaft unseres Guides voll entfacht. Er folgte ihr so gut und so schnell es ging, ohne sie zu belästigen. Sie kletterte auf einige Bäume hoch und runter, bis sie endlich den idealen Platz zum Abhängen fand. In Leopardenmanier hing sie im Baum und liess alle vier Pfoten entspannt herunterhängen. Es war ein Bild für die Götter. Das wunderschöne Tier blickte teilweise auf uns herab. Ich war starr vor Glück und konnte meinen Blick nicht vom Leoparden lassen. Wir zückten unsere Kameras. Jetzt liess sie sich auch bereitwillig fotografieren. Wir waren von unserer charmanten Leodame so begeistert, dass wir einen halben Vormittag mit ihr verbrachten. Beim Jagen, Räkeln und bei der Katzenwäsche waren wir live mit dabei.

Da wir für den heutigen Tag einen Busch Lunch angeboten bekamen, konnten wir länger auf Pirsch bleiben. Auf der Suche nach einem lauschigen Mittagsplätzchen hörten wir erneut Warnrufe, diesmal von Pavianen. Schnell waren wir zur Stelle, um uns einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Und prompt sahen wir den nächsten Leoparden. Auch dieser wollte nicht gestört werden. Er legte die Ohren an und fauchte, doch im nächsten Moment war die Missstimmung bereits verflogen. Die Szenerie wurde gekrönt von Pukus, die ab und zu ihren Pfiff als Alarmruf hören liessen, von Giraffen, die staunend in die Welt hinaus blickten, und Paviane, die aufgeregt auf den Bäumen herum turnten und um die Wette schimpften. Auch für einen echten Kerl war dieses Affentheater zu viel des Guten. Der Leopard machte sich aus dem Staub und so fanden wir endlich Zeit für unser Mittagessen. Später fuhren wir zurück ins Camp, denn die Temperaturen stiegen Mitte Oktober bereits derart hoch, dass es schon beinahe an Masochismus grenzte.

Am Nachmittag fuhren wir zurück zu den Karminspinten, die ihre Nester in die sandigen Abhänge beim Ufer gebaut hatten. Erst einmal flogen zwar alle aufgeregt fort, aber nach kurzer Zeit kamen sie zurück und ignorierten uns. Wieder staunten wir über die rot-türkisen Vögel und darüber, wie jeder SEIN Nest in dieser Massenunterkunft wiederfand. Es war laut und ein ständiges Kommen und Gehen. In der Uferwand wuselte es nur so von kleinen Vögeln und von Zeit und Zeit erhob sich die gesamte Schar in die Luft. Wir schossen Fotos was das Zeug hält und hofften auf ein paar gelungene Aufnahmen.

Auf der Weiterfahrt bekamen wir ausser den lustigen nachtaktiven Springhasen, die sich wie kleine Kängurus fortbewegten, «nur» die «üblichen» Tiere zu Gesicht (wie arrogant!). Zum Abschluss des Tages versuchten wir uns nochmals der Nachtfotografie beim Baobab. Die Sterne funkelten über uns und schienen sogar den Horizont zu berühren. Tief atmeten wir die Ruhe der Wildnis ein, während wir uns an die Arbeit machten. Zufrieden ging es später bei völliger Dunkelheit zurück ins Camp.

Es war ein unbeschreiblich schöner Tag, der leider viel zu schnell verging. Hier liegt wirklich noch ein kleiner Schatz vor der «Haustür» und der Artenreichtum von Fauna und Flora ist noch richtig üppig. Wir sind glücklich, dass wir dieses Paradies kennen lernen durften.

 Freitag, 9. Oktober 2015: South Luangwa Nationalpark (Nkwali) – Mfuwe – Lusaka – Dubai

Es war bereits unser letzter Tag im Königreich der Tiere. Lange fuhren wir durch den Busch, ohne etwas Aufregendes zu finden. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und war etwas traurig, dass wir den Busch ohne einer letzten Leoparden-Begegnung verlassen mussten. Doch auf unseren Guide war Verlass. Als er den Jeep zum Stehen brachte und wir nicht reagierten, fragte er uns «can you see it?» Wir schauten uns mit fragenden Blicken um. Während wir nur einen «langweiligen» Baum sahen, hatte er das perfekt getarnte Tier bereits lange vorher gesichtet. Nun waren auch wir aus dem Häuschen. Nach einer Weile näherten sich uns einige Impalas. Der Leopard war in der dicken Astgabel perfekt getarnt. Ein «durch die Luft fliegender» Leopard wäre der krönende Abschluss unserer Reise gewesen, aber es hatte nicht sollen sein. Schliesslich stieg der Leopard vom Baum herab – und zeigte sich uns in seiner vollen Pracht. Ein wirklich schöner Bursche war er, gross und kräftig. Es waren die letzten Augenblicke inmitten der Wildnis – der Abschied fiel mir jetzt, nach den letzten drei Tagen, sehr schwer. Voller wunderschöner Eindrücke verliessen wir den South Luangwa Nationalpark, der so viele spannende Überraschungen für uns bereit hielt.

Da an den kommenden Tagen keine weiteren Gäste mehr im Camp erwartet wurden, fuhr unser Guide auf dem Landweg zurück in die Lodge. Schnell packten wir unser Hab und Gut zusammen und genossen eine letzte erfrischende Dusche. Unserem Guide, der ein exzellenter Job gemacht hatte, drückten wir ein grosszügiges Trinkgeld in die Hand (wir legten unsere «Ersparnisse» der beiden vorigen Camps obendrauf) und verabschiedeten uns von ihm. Dann brachen wir auf Richtung Flughafen. Ursprünglich waren wir ja auf dem Flug um 18:00 Uhr gebucht, doch dieser wurde im Nachhinein aufgrund zu geringer Auslastung kommentarlos gestrichen ;-( Nun mussten wir die Mittagsmaschine nehmen und sieben Stunden in Lusaka totschlagen. Oh schreck!

Wieder führte der Weg zum Flughafen durch das Städtchen Mfuwe. Wie schon auf dem Hinweg war ich positiv überrascht, wie wenig Abfall entlang der Strassen und um die Wohnhütten herumlag. Anscheinend sind die Menschen derart arm in Sambia, dass sie sich fremde Produkte in Plastikverpackungen schlichtweg nicht leisten können. Neben den typischen kleinen Läden mit Coca-Cola Design sah ich auch immer wieder Frauen mit grossen Gefässen auf dem Kopf. Aus den Hütten am Strassenrand beobachteten uns die Bewohner interessiert und freundlich, während wir uns unseren Weg durch die mit Leben gefüllten Strassen bahnten. Alles war so bunt, ursprünglich und voller Leben. Trotz ihrer materiellen Armut sind die Kinder reich an Spielideen und einer enormen Fröhlichkeit! Das fasziniert mich immer wieder auf’s Neue in Afrika.

Am Flughafen angekommen, legten wir uns die Fotokameras um den Hals, damit wir nicht wegen Übergepäck zur Kasse gebeten wurden. Wir schimpften zwar gewaltig darüber und sehen es immer noch als reine Schikane, denn schlussendlich ist das Gesamtgewicht keineswegs geringer, sondern nur anders verteilt. Doch die «Aktion» hatte sich gelohnt, wie sich wenig später am Schalter herausstellte. Wir kamen ohne Extrakosten davon und legten anschliessend eine Kamera nach der anderen wieder zurück in den Rucksack. Denn ab jetzt interessierte sich niemand mehr dafür. Erneut sicherten wir uns die Exit Plätze mit etwas mehr Beinfreiheit. Trotzdem überkam mich ein mulmiges Gefühl in der kleinen Maschine. Diesmal hatte ich zwar mit einem Reisemedikament vorgesorgt, dennoch empfand ich die Turbulenzen als höchst unangenehm. Und so kam es dann auch. Es war zwar nicht ganz so übel wie auf dem Hinweg und ab einer gewissen Flughöhe wurde es ruhig, doch während der Start- und Landephase schaukelte es gewaltig, so dass ein Passagier sogar erbrechen musste. Gottseidank passierte dies erst ganz zum Schluss des Fluges. In Lusaka wurden wir von einem Reisebüro Vertreter abgeholt. Mir lag der lange Transit nämlich schon länger auf dem Magen, so dass ich krampfhaft versuchte, einen etwas angenehmeren Aufenthaltsort als die Flughafenhalle zu finden. Gemäss Aussagen am Telefon hatten wir keinen Zutritt in die Business Lounge von South African Airways, aber Nkwali ermöglichte uns einen Aufenthalt in der Sitzecke eines Reisebüros. Dort wurde zwar bis zu unserer Ankunft teilweise geraucht, aber wenigstens war es ruhig und bequemer als im Flughafengebäude selber. Als wir endlich die Wartezeit abgesessen hatten und unser Gepäck einchecken wollten, offerierte uns die Dame am Schalter zwei Gratisflüge, wenn wir einen Tag später zurückfliegen würden (der Flug war überbucht). Hätten wir dies 24 Stunden früher erfahren, so wären wir sofort darauf eingestiegen. Doch nun nach sieben stündiger Warterei hatten wir keinen Bock mehr und lehnten das Angebot ab. Zutritt in die Business Lounge wurde uns zu guter Letzt für «ein kleines Trinkgeld» doch noch gewährt. Die Maschine nach Dubai ging pünktlich, und nach dem Abendessen war für mich auch schon wieder Schlafenszeit. 

 

 Samstag, 10. Oktober 2015: Dubai - Zürich

Der Aufenthalt in Dubai war kurz. Wenige Zeit später sassen wir im A380 der Emirates nach Zürich. Diese Maschine bot auch für grosse Menschen genug Platz in der Economy Klasse, was für uns eine ganz neue Erfahrung war. So wäre der Flug grundsätzlich ganz angenehm gewesen. Nur leider war mein Sitznachbar sehr stark erkältet. Er hustete sich während des ganzen Fluges beinahe die Eingeweide aus. Das klang definitiv nicht mehr gesund und ich fühlte mich neben ihm äusserst unwohl. Ich war froh, als ich nach sechs Flugstunden endlich «erlöst» war. Zürich begrüsste uns mit Sonnenschein. Nun waren wir wieder Zuhause – irgendwie doch schade.

Mit dieser Reise sind wir um eine Erfahrung und um ein Land in Afrika reicher. Wir haben ein fantastisches Naturschutzgebiet mit grandioser Tierwelt und atemberaubender Landschaft kennen und lieben gelernt. Wir haben überaus liebe Menschen getroffen, die uns mit einer unglaublichen Warmherzigkeit und Offenheit begegneten und uns das Gefühl gaben, im Paradies angekommen zu sein. Wir erlebten aufregende Pirschfahrten, überwältigende Lichtstimmungen im schönsten Ebenholzhain der Welt, atemberaubende Sonnenuntergänge am Luangwa-Fluss und romantische Candlelight Dinners in den Camps. Wir kamen in den Genuss von erstklassigen Guides, die sich für nichts zu schade waren und mit denen wir wunderbare Momente im Busch erleben durften. Uns wurde aber auf dieser Reise auch vor Augen geführt, dass all diese Dinge keine Selbstverständlichkeit sind. Unsere Behauptung hatte sich einmal mehr bewahrheitet: Safaris sind entweder Top oder Flop, dazwischen gibt es (für uns) in Afrika nicht viel. Trotz der Gefühls-Achterbahnfahrt während der Reise überwiegten letztendlich die schönen Erlebnisse, an die wir uns gerne erinnern. Und so endet unser Besuch im South Luangwa Valley so, wie eigentlich immer: nämlich mit dem Vorsatz zurückzukommen.

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Wo es die Wüste auf die Spitze treibt