Auge in Auge mit der Elefanten-Matriarchin

Nach zwei Jahren Afrikaabstinenz planten wir endlich wieder eine Reise auf den für mich faszinierendsten Kontinent der Erde. Es ist wie ein stilles Feuer, das im Herzen für dieses geheimnisvolle Fleckchen Erde brennt. Unsere diesjährige Reise sollte in den Krügerpark und Tuli Block in Botswana führen, denn es kam mir vor, als würde ein bedeutender Höhepunkt in unserem Afrika-Repertoire fehlen. Schliesslich sollen die Tierbeobachtungen im Krüger immer noch zu den besten Südafrikas gehören. Dennoch hatten wir auch Bedenken, dass der Park für unseren Geschmack zu touristisch sein könnte. Aber nur das Experiment ist schlüssig. Unsere letzte Selbstfahrertour hat uns so gut gefallen, dass wir auch dieses Mal wieder mit eigenem Fahrzeug unterwegs sein wollten. Zwar mussten wir punkto Fahrzeug einen Kompromiss eingehen, da ein Jeep mit Dachzelt im gut erschlossenen Krüger schlichtweg zu viel des Guten wäre. So buchten wir einen kleinen Mietwagen (PW) und leisteten uns mit dem dadurch „ersparten“ Geld einige Zusatznächte in Privat Lodges, wo wir uns von A-Z verwöhnen lassen konnten und die ersehnte Ruhe und Abgeschiedenheit fanden. Dazwischen erkundeten wir den Krügerpark von Süd nach Nord auf eigene Faust. 

Schon viele Wochen vor Abreise plagte mich die Sehnsucht und das Fernweh mehr denn je. Beim Gedanken an unser nächstes Abenteuer in Afrika machte sich eine Mischung aus Aufregung, Vorfreude und tiefster Zufriedenheit in mir breit. Endlich konnte es wieder losgehen!

 

4. – 5. August 2010: Zürich – Krüger Nationalpark (Pretoriuskop)

Damit wir wiederum ein Gratisticket mit unseren Star Alliance Meilen erwerben konnten, nahmen wir den Umweg via Frankfurt in Kauf. Der Jumbo von Lufthansa nach Johannesburg war 3/4/3 gestult, so dass ich meinen Fensterplatz aufgab, um neben Marcus sitzen zu können. Es war eine uralte Maschine, die noch immer mit Röhrenbildschirme ausgestattet war. Neben Museen war das wohl der einzige Ort, an dem solch alten Monitore noch anzutreffen sind. Naja, es war ein Nachtflug und so hoffte ich trotz knappem Platz bald etwas Schlaf zu finden. Es dauerte eine Ewigkeit, bis das Nachtessen serviert wurde. Gottseidank hatten wir Sandwiches dabei, die den grössten Hunger stillten. Danach fielen wir in einen leichten Schlaf und wachten erst wieder kurz vor dem Frühstück auf. 

In Johannesburg begaben wir uns zu Budget, um unseren Mietwagen entgegen zu nehmen. Am Schalter dauerte die Abwicklung unendlich lange. Irgendetwas schien mit unserem Mietwagen nicht in Ordnung zu sein. Schliesslich bekamen wir anstelle des gebuchten Toyota Yaris (Kat. B) einen Toyota Avanza (Kat. I). Es war ein 6 Plätzer. Zu Gunsten eines grösseren Kofferraumes klappten wir die hinterste Sitzreihe zusammen. Der Kofferraum war zwar nicht abdeckbar, aber für diese Reise war es auch nicht zwingend notwendig. Wir akzeptierten das kostenlose Upgrade und hofften, dass uns der Mietwagen während den nächsten zwei Wochen unbeschwert und sicher an unser Ziel bringen würde. Auf direktem Weg verliessen wir Johannesburg, das in allen Reiseführern als gefährliches Pflaster beschrieben wird, und fuhren über White River nach Nelspruit zum Numbi Gate (Krügerpark). Vor der Parkgrenze kaufte ich mir noch für umgerechnet CHF 40 zwei aus Holz geschnitzte Giraffen. Wir erreichten das Einfahrtstor um 16.30 Uhr, von wo aus es nur wenige Kilometer bis zu unserem Camp waren. Afrikas staubiger Sand vermischt mit dem wunderbaren Duft der Vegetation lag in der Luft und erinnerten an vergangene Reisen. Ich atmete tief durch und wusste, dass ich jetzt an keinem anderen Ort der Welt sein wollte. Wir nutzten die verbleibenden 1.5 Stunden für eine erste Pirschfahrt bevor das Camp seine Tore um 18.00 Uhr (Winterzeit) schloss. Allerdings war das tierische Angebot etwas flau, denn die Gegend um Pretoriuskop zeichnet sich durch rollende Granitebenen aus, auf denen hohes Gras in tiefem, sandigem Boden wächst. Auch treten hier Fahlbäume, grossfrüchtige Buschweiden und Marulabäume auf. Trotz dichter Vegetation konnten wir zwei Nashörner, Giraffen und Büffel ausmachen. Für ein Foto war jedoch die Sicht zu eingeschränkt. Marcus sah sogar eine Zibetkatze unter einem Baum. Ich wollte retour fahren, aber der Weg wurde mir von einer Afrikanerin versperrt. Sie hatte Angst um ihr Auto und hupte. Na toll, damit verscheuchte sie die Katze, dabei war sie so nahe am Strassenrand. Die Dämmerung setzte schon bald ein und wir erreichten unsere Unterkunft vorzeitig. Auf den Grasflächen innerhalb des Camp Areals grasten friedlich Buschböcke. Wir checkten ein und fuhren zu unserem Rondavel, das mit Toilette und Dusche sowie einer einfachen Küche ausgestattet war. Es wurde erwartungsgemäss kalt in der Nacht und wir waren froh über unsere warmen, kuscheligen Fleecejacken. Zum Abendessen gab es nochmals Sandwiches, die wir von zu Hause mitgebracht hatten. Einen Grosseinkauf lohnte sich nicht, denn die nächsten vier Nächte waren in einer Lodge geplant. Wir legten noch die Route für den nächsten Tag fest und fielen kurze Zeit später müde ins Bett. Es war ein langer Tag.

 

6. August 2010: Krüger Nationalpark (Pretoriuskop) – Sabi Sand (Arathusa)

Wie immer in Afrika klingelte der Wecker um 5.20 Uhr, wobei wir uns noch weitere 10 Minuten gönnten, ehe wir aus dem warmen Bett krochen. Auf Safari fällt uns das Aufstehen massiv leichter als Zuhause, denn die Neugierde auf den Busch ist gross. Wir packten unsere sieben Sachen zusammen und verliessen kurz nach 6 Uhr (wie immer ohne Frühstück) das Camp. Heute war mein Geburtstag und natürlich wünschte ich mir tolle Tierbeobachtungen. Die Vortrekkerroad klang gemäss Reiseführer vielversprechend. Deshalb entschieden wir uns für diesen Umweg über die Holperpiste. Ausser den vielen Rhino-Toiletten (die Männchen benutzen immer den gleichen Haufen und markieren damit ihr Revier) war die Fahrt jedoch ereignislos. Dafür entschädigte die hügelige Region mit ihren malerischen Felsvorsprüngen. Die rechte Strassenseite war weitgehend schwarz, ein Buschfeuer hinterliess hier seine Spuren. Als wir schon nicht mehr an Tiersichtungen auf diesem Streckenabschnitt glaubten, stand direkt neben der Strasse ein Nashorn mit seinem Nachwuchs. Endlich hatten wir freie Sicht und uns gelangen ein paar tolle Fotos. Die beiden verweilten noch ein bisschen an dieser Stelle, bevor sie weiter zogen. Am Ende der Vortrekkerroad bogen wir in die Teerstrasse H3 ab und fuhren bis Skukuza. Dort erwartete ich am meisten Verkehr, denn Skukuza ist das grösste Camp im Krüger. Wir wurden positiv überrascht, auch da hielt sich der Massentourismus in Grenzen.

Trotz der Mittagszeit war bei Skukuza relativ viel los. Ein ausgehöhltes Impala hing in einer Astgabelung auf dem Baum, wobei sich der Leopard (vorübergehend) woanders versteckte. Viele Tiere, darunter Giraffen, Impalas und Affen (Meerkatzen und Paviane) frassen direkt neben der Strasse. Hippos genossen auf grossen Felsen, die wegen des niedrigen Wasserstands heraus ragten, ein Sonnenbad. Danach war es eine Weile still, aber die Landschaft war wunderschön. Dann sahen wir eine riesige Büffelherde weiden. Wenige Meter weiter bog eine Schotterstrasse in Richtung der Büffel ab. Wir folgten der Abzweigung und bestaunten die Herde, es waren bestimmt gegen 100 Tiere. Wegen Zeitdruck (wir mussten um 15.30 Uhr in der Lodge sein für die Nachmittagspirsch) liessen wir die Büffel schnell hinter uns und fuhren weiter. Kurz darauf standen wieder Autos am Strassenrand, ein Indiz dafür, dass etwas Spannendes entdeckt wurde. Wir konnten nichts sehen, wurden aber von einem anderen Autolenker auf das schlafende Nashorn unter dem Baum aufmerksam gemacht. Es war weit weg, so dass wir bald weiter zogen. Die Wasserstelle Nsemani auf dem Weg von Satara zum Orpen Gate war ein kleiner See, indem zwei Elefanten badeten. Nach einem kurzen Fotostop ging es ab zum Orpen Gate. Das Tempo war auf 50 km/h beschränkt, aber die Zeit rannte im Nu und ich musste das Limit überschreiten.

Um 14.25 Uhr liessen wir den Krüger hinter uns und rasten durch diverse Dörfer ins Sabi Sand Game Reserve. Die Strecke zog sich ungemein und auf den Schotterpisten musste ich die Geschwindigkeit anpassen, wir hatten schliesslich kein Allradfahrzeug. Just eine Stunde später erreichten wir das Gowrie Gate. Gegen eine Gebühr von ZAR 80 erhielten wir die Einfahrtsbewilligung. Ich lernte erst später, dass dieses Ticket eine Massnahme gegen die Wilderei ist. Denn nur mit abgestempeltem Coupon durfte man das Reservat wieder verlassen. Es waren noch 9 km bis zur Lodge. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h sollten wir es knapp schaffen. Um 15.32 Uhr checkten wir ein, mussten aber mit Schrecken feststellen, dass unser Ranger bereits auf der Pirsch war. Freundlicherweise kam er nochmals zurück, um uns aufzugabeln. Welch ein Glück! Langsam fiel der Stress von mir ab. (Hätten wir das Reiseprogramm gelesen, hätten wir den Park beim Paul Krueger Gate verlassen. Bei einer Telefonbesprechung mit dem Reisebüro hatte ich jedoch noch im Kopf, dass wir beim Orpen Gate raus fahren sollten. Das war ein grosser Umweg und wir hätten uns die Hetzerei ersparen können. Naja, wir haben es trotzdem geschafft.)

Wir nahmen in der zweiten Sitzreihe im Jeep platz. Ich genoss die Ruhe und sog den wunderbaren Geruch des Buschs in mir auf. Nach einer Weile wurde per Funk eine Elefantenherde durchgegeben. Wir fuhren also zu den Dickhäutern, die sich über Mopanebäume her machten. Es knackte aus allen Richtungen. Ein grosser Bulle riss mit seinem Rüssel geschickt Äste ab und stopfte sie ins Maul. Ein kleines Elefäntlein hingegen suchte bei der Mutter Schutz und Sicherheit. Dann trennten wir uns von den friedlichen Riesen und machten uns auf die Suche nach neuen Fotomotiven. Aus dem Nichts querte ein Leopard die Strasse vor uns. Es war ein Weibchen, das aufgrund ihres dunklen Fells Ntima genannt wird. Wir folgten ihr über Stock und Stein, mussten sie aber bald ziehen lassen, weil das Gestrüpp zu dicht wurde. Obwohl uns nicht viele gute Fotos gelangen (die Dämmerung setzte bereits ein und unsere Kamera hatte enorm Mühe mit dem Autofokus), freuten wir uns unendlich. Und mir fiel gleichzeitig einen Stein vom Herzen, denn mit dieser Beobachtung ging mein Leopardenversprechen in Erfüllung, das ich Marcus machte. Natürlich war das gewagt, aber es ging alles auf. Wir machten uns auf den Heimweg. Roy leuchtete mit der Spotbeleuchtung die Umgebung nach Tieren ab und entdeckte ein Löwenpaar, das sich anscheinend schon seit einigen Tagen paarte. Es war ein junges Männchen. Schon bald setzte sich das Weibchen in Bewegung und natürlich folgte ihr der Löwe auf Schritt und Tritt. Der Paarungsakt dauerte nur wenige Sekunden. Es war das erste Mal, dass wir dies live erleben durften. Wow!

Zurück in der Lodge zog ich mir noch schnell einen weiteren Pullover über. Es war kalt und windig. Das Abendessen wurde auf dem Aussichtsdeck serviert. Die vielen Öllampen auf den kleinen Tischlein sorgten für ein tolles Ambiente. Es standen drei Menüs zur Auswahl, wobei eines vegetarisch war. Zum Dessert überreichte mir die Crew einen Geburtstagskuchen und eine Karte. Es war eine nette Geste, über die ich mich sehr freute. Was gibt es schöneres, als den Geburtstag im Busch zu verbringen?

7. August 2010: Sabi Sand (Arathusa) 

Heute war bezüglich Tierbeobachtungen ein hoffnungsloser Tag. Auf dem Morgendrive war gar nichts zu machen. Am Nachmittag folgten wir vergeblich frischen Nashornspuren, denn die Norweger hatten auf ihrer Reise noch kein Nashorn entdeckt und hofften auf eines im Sabi Sand Game Reserve. Auf der Heimfahrt erschienen die Silhouetten zweier Schwergewichte. Es war eine Brautmaulnashornmutter mit ihrem drei Jahre alten Jungen. Es war bereits dunkel und für ein gutes Foto hätten wir den Blitz benötigt. Die Nashörner werden durch Blitz- oder Scheinwerferlicht jedoch aggressiv, was bei 1.8t – 2t ziemlich ungemütlich werden könnte. Deshalb liessen wir sie in Frieden ziehen und hofften, hiermit die "Nashornjagd" abgehakt zu haben.

Beim Abendessen sass unser Ranger John neben uns. Es war interessant, mehr über seinen Job zu erfahren und seine lustigen Geschichten über seltsame Touristen zu hören.

8. August 2010: Sabi Sand (Arathusa)

Leider war die erste Reihe im Jeep bereits wieder besetzt, so nahmen wir in der zweiten Reihe platz. Auch an diesem Morgen war lange nichts zu sehen und die anderen Gäste ruinierten mit ihrem ewigen Gelächter die wunderbare Morgenstimmung. Es war Halbmond, aber die Silhouette des ganzen Mondes leuchtete schwach. Ein eigenartiger Geruch hing in der Luft und kurze Zeit später erkannten wir den Übeltäter. Eine Hyäne eilte davon und verschwand kurz darauf im Dickicht. Unser Tracker Roy sah die Nashornmutter mit ihrem Jungtier vom Vortag nochmals. Diesmal war das Licht gut und wir fuhren nahe an die beiden Tiere heran.

Dann plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Roy entdeckte Leopardenspuren, denen er zu Fuss folgte. Er konnte die Raubkatze auch kurz sehen, sie lief aber vor ihm davon und versteckte sich erfolgreich im Gestrüpp. Wir waren machtlos. Schon kam per Funk die Nachricht, dass ein anderes Fahrzeug ein Leopard sah. Schnell waren wir zur Stelle. Mafufunyane, ein älteres aber dennoch kräftiges Männchen, streifte durch das hohe Gras. Er hatte eine Bisswunde am Hals, die er sich bei einer Auseinandersetzung mit einem jüngeren Rivalen holte. Mafufunyane war lange das dominante Männchen in diesem Gebiet, wird nun aber von jüngeren und kräftigeren Männchen in ein immer kleineres Territorium gedrängt. Wir freuten uns über die tolle Beobachtung und fuhren zufrieden zurück zur Lodge. In der Mittagspause kam ein Giraffenpaar zur Wasserstelle der Lodge und paarte sich. Marcus schlief, aber sprang sofort auf, als ich ihm vom Ereignis draussen erzählte.

Auf der Nachmittagspirsch kreuzten wir gleich zweimal Mafufunyane's Weg und folgten ihm jeweils eine Weile. Wow, was für ein Gamedrive! Danach war es bereits Zeit für die Heimfahrt, als Roy die Farbdifferenz in einem Baum, ca. 25 Meter entfernt der Strasse, entdeckte. Es war ein Chamäleon. John nahm es sogar auf den Arm. Dabei wechselte es sofort die Farbe, um sich grösser erscheinen zu lassen. Kurz vor der Einfahrt zur Lodge sahen wir noch eine Eule, die geduldig auf dem Ast neben uns sitzen blieb. Mit dem Blitz konnten wir sie perfekt ablichten. Endlich mal ein gelungenes Eulenbild. Überhaupt war der ganze Tag ein Erfolg. 

9. August 2010: Sabi Sand (Arathusa)

Am Morgen sahen wir frische Löwenspuren. Wir folgten ihnen stundenlang, denn sie waren sehr verwirrend. Diverse Spuren aus verschiedenen Himmelsrichtungen führten alle an die gleiche Stelle, wo sie in einem totalen Wirrwarr endeten. Deshalb machten sich Ranger und Tracker zu Fuss auf den Weg, während wir im Fahrzeug warteten. Sie waren sich ihrer Sache sehr sicher. Schliesslich kamen sie zurück zum Fahrzeug und brachten uns an die Stelle, wo sich die Katzen im hohen Gras ausruhten. Obwohl wir ganz nahe waren, konnten wir die Löwinnen nur erkennen, wenn sie den Kopf hoben. Nach dieser Fahrt ging es erstmal zurück zur Lodge für ein nahrhaftes Frühstück und eine Siesta.

Am Nachmittag spürte Roy innert kürzester Zeit in dichtem Gestrüpp ein zwei Tonnen schweres Nashornmännchen mit prächtigem Horn auf. Es hiess Chava, was schüchtern bedeutet. Er war über unsere Anwesenheit sehr beunruhigt, deshalb liessen wir ihn in Frieden. Nur wenige Minuten später erspähte Roy eine Leopardin, die bei einem Termitenhügel lag. Es war die bildhübsche Ntima. Bei Ankunft des zweiten Fahrzeugs lief sie leider davon. Wir folgten ihr lange über Stock und Stein, denn sie liess sich durch Motorenlärm und knackender Äste, die unter der Last des Autos zerbrachen, nicht beeindrucken. Danach sahen wir in der Dunkelheit noch zwei junge Löwen auf der Sandpiste. Die Mähne des jüngeren Männchens begann langsam zu wachsen. Er war bezüglich Nahrungssuche auf sich alleine gestellt, denn sein Kompanion hatte eine gebrochene Pfote. Sie sahen abgemagert aus. Wenn sie nicht bald Beute machen, werden beide dem Hungertod erleiden. Eine traurige Geschichte, aber auch solche Bilder können zu einer Safari gehören.

Zum Abschluss der erfolgreichen Pirsch zeigte uns Roy noch ein flinkes Buschbaby. Wir freuten uns über die kleine Kreatur mit den grossen Glubschaugen. Mit grossen Sprüngen hüpfte es von Baum zu Baum. Wir waren total überrascht über seine Sprungkraft. Fotos zu schiessen war jedoch ein Ding der Unmöglichkeit.

10. August 2010: Sabi Sand (Arathusa) – Krüger Nationalpark (Skukuza)

Zum Abschluss in der Arathusa Lodge wollten wir nochmals die erste Reihe im Geländefahrzeug besetzen. So standen wir bereits um 5.35 Uhr beim Fahrzeug. Kurz nach der Abfahrt sahen wir eine mittelgrosse Büffelherde. Viele Tiere ruhten noch, es war offensichtlich ihr Schlafplatz während der Nacht gewesen. Die Weibchen und die Jungtiere befanden sich hauptsächlich in der Mitte der Herde, während sich die starken Bullen am Rand verteilten. Auf dem weiteren Gamedrive trafen wir auf Löwenspuren. Diese führten uns aber zu einer grossen Elefantenherde, bei der wir verweilten. Obwohl wir nahe waren, verschwanden die Elefanten hinter den Mopanebäume fast gänzlich. Es war verblüffend, wie gut der Busch sogar solch grosse Tiere versteckte. 

Nach einem ausgiebigen Frühstück hiess es Abschied nehmen von dieser tollen Gegend (und somit wohl auch von den Leoparden, denn eher gewinnt man im Lotto als einen selber zu entdecken...), dem Luxus und den zubereiteten Mahlzeiten. Eine Stunde dauerte die Fahrt zurück zum Orpen Gate im Krügerpark. Nach einigen Kilometern auf der Teerstrasse bogen wir in die Schotterstrasse (S36) ein. Gleich zu Beginn konnten wir zwei Steinböcke aus nächster Nähe fotografieren. Auch die drei Kaffernhornraben liessen sich durch uns nicht stören. Sie patrouillierten im hohen Gras entlang der Strasse. Bei der Verzweigung Muzandzeni stand ein Auto am Strassenrand. Deshalb reduzierten wir unsere Geschwindigkeit und scannten die Landschaft. Da sahen wir einen Leopard, der seinen Kopf aus dem hohen Gras streckte, duckte sich wenige Augenblicke später aber wieder ab und verschwand damit gänzlich von der Bildfläche. Wir befürchteten schon, dass er sich unbemerkt aus dem Staub machte. Aber ich nahm eine leichte Bewegung im Gras wahr und wusste, dass er noch da war. Ich positionierte unser Fahrzeug ideal, sodass ich schliesslich in der Poolposition stand, als der Leopard über die Fahrbahn rannte. Auf der anderen Seite setzte er sich wenige Meter von uns entfernt hin. Er prüfte aufmerksam die Umgebung, ging ein paar Schritte weiter, schlich sich an etwas für uns Unsichtbares heran und setzte sich wieder gelassen hin. Er war wunderschön und wir hätten ihm ewig zusehen können. Schliesslich zog er durch das hohe Gras davon, wo er aufgrund seiner perfekten Tarnung schnell aus unseren Augen verschwand. Wir konnten tolle Fotos schiessen und freuten uns wie Kinder, denn eigene Beobachtungen sind etwas ganz Spezielles. Auf der Weiterfahrt nach Skukuza blieb es dann lange still. Erst 20 km vor dem Rastlager wurden die Tierbeobachtungen wieder besser. Beim Jones-se-Dam entdeckte ich in der Ferne einen Löwen. Leider führte die Strasse nicht dem Damm entlang, sodass wir die Raubkatze bald aus den Augen verloren. Bei einer Brücke entdeckten wir ein Nashorn beim Trinken. Anschliessend konnten wir Zebras ganz nahe auf die Pelle rücken, ohne dass sie gleich das Weite suchten. Ein Hengst marschierte sogar im Gleichschritt neben unserem Auto her. Und schon standen wir wieder unter Zeitdruck, so dass wir leider der grossen Büffelherde, die direkt neben der Strasse graste und wir schon vier Tage zuvor auf der Fahrt in die Arathusa Lodge beobachten konnten, ohne Bilder passieren mussten. Ich donnerte ins Camp und wie immer kamen wir mit unserer obligaten zweiminütigen Verspätung an. Die Tore waren schon geschlossen. Freundlicherweise öffnete der Wächter ohne Kommentare nochmals eine Torhälfte und gewährte uns die Einfahrt. Zu unserer Beruhigung waren wir nicht die Letzten. Wir konnten noch einige Scheinwerfer in der Entfernung sehen. 

Unser Rondavel befand sich nahe dem Eingang und der Rezeption. Es war nicht sonderlich gemütlich draussen. Trotzdem setzten wir uns, in Fleecejacken eingewickelt, auf die Veranda und genossen ein simples Abendessen mit Mais- und Tomatensalat, Brot sowie Biltong. Bezüglich Essen waren wir auf der Selbstfahrertour alles andere als erfinderisch und ziemlich faul. Aber der Schwerpunkt dieser Reise lag schliesslich woanders.

11. August 2010: Krüger Nationalpark (Skukuza)

Der Himmel war ein einziges Wolkenmeer und die Temperaturen stiegen nicht wie üblich an. Eigentlich wäre es der perfekte Tag für Tierbeobachtungen gewesen. Aber die Tiere schienen bereits am Mittwoch ins Wochenende gegangen zu sein. Wir fuhren von Skukuza nach Lower Sabie ohne auch nur eine (der gemäss Reiseführer fast garantierten) Beobachtung zu machen. Beim Sunset Dam zogen uns dann zwei Graufischer (Pied Kingfisher) mit ihrer eindrücklichen Jagdstrategie in den Bann. Dank wildem Flügelschlag standen sie in der Luft fast still, konnten dabei ihre Beute genau ausmachen und setzten dann zum Sturzflug inklusive Tauchgang an. Auch ein Fischreiher wagte einige Jagdversuche und war erfolgreich. Mit seinem Schnabel spiesste er die Fische auf und verschlang sie anschliessend. Hippos grunzten in der Ferne und Nimmersatte (Yellow-billed Stork) kreisten über den See. Schlussendlich liessen sie sich direkt neben unserem Auto nieder und wateten durch's Wasser auf der Suche nach Futter. Wir genossen hier ein einfaches Mittagessen (Nutellabrote, Biltong und Chips) während wir das Geschehen am See beobachteten.

Am Nachmittag fuhren wir dieselbe Strecke wieder zurück, wiederum ohne viel Aufregendes zu erleben. Zwar konnten wir zwei Nyalas ausmachen, aber sie versteckten sich hinter Büschen und Ästen, sodass wir nur schwer ein Foto schiessen konnten. Trotz weniger Sichtungen waren wir wieder zu spät dran am Abend. Es folgten uns jedoch noch vier weitere Autos Richtung Skukuza, was uns etwas beruhigte. Kurz vor dem Camp sprang noch eine Tüpfelhyäne über die Strasse. Leider verschwand sie genauso schnell wieder im Busch, wie sie auftauchte. Obwohl es schon nach 18.00 Uhr war, standen die Tore noch offen und wir huschten hinein. 

12. August 2010: Krüger Nationalpark (Skukuza – Letaba)

Es nieselte am Morgen und es roch wunderbar nach Regen. Wir versuchten unser Glück erneut auf der Strecke Richtung Lower Sabie bis zum Rastplatz Nkuhlu. Wieder nichts. Auch auf der Strecke nach Satara war tote Hose. Wir beschlossen nochmals den Nsemani See aufzusuchen. Diesmal waren keine Elefanten da, aber eine Horde Hippos schlief auf der Sandbank und ein weiteres Nilpferd döste im Stehen auf dem gegenüberliegenden Inselchen. Es stützte sich mit der Nase auf, um einem plumpen Hinfallen vorzubeugen. Es war ein lustiger Anblick. Im Laufe des Morgens verschaffte sich dann auch die Sonne Platz und wärmte uns wieder auf. Das ist eben das Schöne an Afrika – Regenwolken haben keinen langen Bestand.

Auf der Weiterfahrt zwischen Satara und Olifants standen viele Autos am rechten Strassenrand. Diesmal hatten wir keinen idealen Winkel, um Fotos zu schiessen. Aber immerhin konnten wir mitverfolgen, worum es ging. Ein Honigdachs tötete eine Felsenpython. Der Dachs zerrte mit voller Wucht an der Schlange, die noch mit halbem Körper über einem Strauch hing. Nach einigen Versuchen gelang es dem Dachs schliesslich, sie herunter zu reissen und er verschwand triumphierend mit seiner Beute im hohen Gras. 

Besonders interessant waren die Betonbrücken über die Flüsse (bei steigendem Wasserspiegel im Sommer geht’s dann wohl eher durch die Flüsse). Schwergewichte sorgten heute für Abendunterhaltung. Eine Gruppe Nilpferde watschelte zum Wasser zurück. Eines sass sogar in der Sandböschung auf seinen Hintern ab, während es auf den Vorderbeinen stehen blieb. Es träumte und staunte vor sich hin, bis es von einem Kollegen einen Schubs bekam. Langsam setzte es sich in Bewegung, gähnte noch einmal und verschwand schliesslich mit seinen Gspänli im feuchten Nass.

Die H1-5 führte ein Stück weit dem Olifants River entlang, wo wir von einigen Plätzen auf die wunderschöne Flusslandschaft und Hippos Ausblick hatten. Dann veränderte sich das Landschaftsbild schlagartig. Mopanebäume, die Lieblingsspeise der Elefanten, dominierten die Vegetation und es roch stark nach Salbei, was für mich der Inbegriff des Buschs ist. Wir trafen massenhaft auf Elefantendunghaufen, aber viele Dickhäuter bekamen wir nicht zu Gesicht. Gerade noch rechtzeitig vor Torschliessung schafften wir es nach Letaba. 

13. August 2010: Krüger Nationalpark (Letaba)

Es war Freitag der 13. und wir übernachteten im Bungalow B13. Ob der Tag Glück oder Pech bringt? Wir hatten wohl ein bisschen von beidem… 

Wir entschieden uns für die Tour entlang des Letaba Rivers nach Olifants. Heute Morgen dampfte der Tau in der Ebene und dünne Nebelschleier hingen über dem Fluss. Fantastisch! Was für ein magischer Platz. Ich sah Elefantenspuren auf dem Schotter und sagte "Elefanten…". Dann blieb mir regelrecht das Wort im Mund stecken. Ein Hippo preschte aus dem Gebüsch und überquerte die Fahrbahn 1m vor uns. Vielleicht realisierte es zu spät, dass es um diese Uhrzeit normalerweise bereits im Wasser ist und lief nun kopflos der Zeit hinterher… Ein Löwenmännchen patrouillierte etwas abseits der Strasse. Mopanebäume standen aber in unserem Blickfeld und als wir die Kamera zur Hand hatten, war der Pascha bereits verschwunden. Daraufhin brauchten wir eine kleine Verstärkung beziehungsweise Frühstück. Marcus klemmte die Kamera zwischen den Beinen ein. Es war lange eine ruhige Fahrt, aber plötzlich holperte es wieder ganz gewaltig, denn der Zustand der Schotterstrassen war unterschiedlich und unvorhersehbar. In diesem Augenblick fiel die Kamera kopfüber auf den Fussboden. Es klirrte und wir wussten beide, dass etwas kaputt ging. Nach dem ersten Schrecken stellten wir fest, dass lediglich der Schutzfilter zerbrach. Das Objektiv blieb gottseidank unbeschädigt. Wir hatten Glück im Unglück! Dieser Schreck mussten wir erstmal verdauen und wir waren ganz froh darüber, die restlichen Kilometer ruhig angehen und die bezaubernde Flusslandschaft geniessen zu können. Im Olifants Camp legten wir einen kurzen Stopp ein. Es ist sehr schön auf einer Anhöhe gelegen und wesentlich kleiner und familiärer als Letaba. Ebenfalls ist der Ausblick auf den Olifants River wunderschön. 

Wir setzten unsere Fahrt nach Satara fort, denn es liess uns keine Ruhe, dass wir in dem Gebiet, das für seine hohe Raubkatzendichte so bekannt ist, nichts dergleichen antrafen. Auf der Brücke sahen wir Krokodile, die sich reglos auf der Sandbank sonnten, eine Schildkröte und wie immer Hippos. Auf der Weiterfahrt kroch eine Puffotter über die Strasse. Ich erkannte sie erst gar nicht, denn ich verwechselte sie mit einem Ast, und preschte über sie hinweg. Nach der Vollbremse vergewisserten wir uns, dass sie unversehrt blieb und schauten ihr eine Weile zu. Einige Autolenker hatten kein Interesse und gingen sofort weiter. Dabei wurde die giftige Schlange beinahe von einem Auto mit Wohnwagen erfasst. Südafrikaner warnten uns, dass die Schlange in unseren Motor kriechen würde, wenn sie Gelegenheit dazu bekommen würde. Ich konnte in allerletzter Sekunde noch wegfahren und die braune Puffotter machte sich von Dannen. Die Schlange hatte wahrhaft einen Schutzengel, hing ihr Leben an diesem Tag doch einige Male an einem seidenen Faden. Kurz vor der Wasserstelle Nyamarhi standen etliche Autos am Strassenrand und wir ahnten beziehungsweisse hofften, dass es sich um etwas Besonderes handeln würde. Und tatsächlich: Wir konnten zwei Löwen in der Ferne im Gras ausmachen. Allerdings erkannten wir erst auf den zweiten Blick, dass noch zwei weitere Kätzchen herum lagen. Es waren drei junge Männchen und ein Weibchen. Alle Indizien deuteten darauf hin, dass die Löwen aus dem gleichen Rudel stammten. Sobald die Paschas ihr eigenes Revier erobern würden, wird die Löwin wahrscheinlich zur Nomadin. Wir verweilten geduldig an diesem Ort, in der Hoffnung, dass die faulen Gesellen weiter ziehen. Sie waren sehr unruhig, standen ständig auf, um sich nachher in einer leicht anderen Position wieder niederzulassen. Die meisten Touristen verloren die Geduld und fuhren weiter. Aber unsere Ausdauer wurde belohnt. Die Löwendame lief davon und ich war überzeugt, dass ihr die Herren bald folgen würden. Wir warteten gespannt. Es dauerte nicht lange, da schlenderten alle vier entlang der Strasse und überquerten sie direkt vor uns (ich hatte uns wiederum in eine perfekte Position gebracht). Bald darauf verschwanden sie im Busch. Glücklich fuhren wir weiter und entdeckten kurz darauf eine Eule auf dem Baum sitzen. Sie hatte etwas gefangen und hielt es mit der Kralle fest. Auch Familie Adler war erfolgreich auf der Jagd. Das Männchen sass auf einem abgestorbenen Baum und rupfte ein Vogel, wobei er seiner Herzdame keinen Bissen gönnte. Wir folgten der Abzweigung Richtung Timbavati Rastplatz, wo wir eine Mittagspause einlegten. Via S39 machten wir uns langsam auf den Rückweg. Sie führte entlang des Timbavati Rivers, wo wir endlich Mal eine Gruppe Nilpferde aus der Nähe beobachten konnten. Die meisten lagen faul im Sand und taten relativ wenig. Nur eines war hyperaktiv. Es wackelte herum, liess sich wie ein Sack fallen, um kurze Zeit später wieder aufzustehen. Das war vielleicht eine Lachnummer! Zwei weitere Hippos verliessen das Wasser und gesellten sich zu den müden Gesellen hinzu. Auf dem restlichen Weg bis ins Camp passierte nicht mehr viel, obwohl wir uns auf angeblich guten Strecken fast die Augen aus dem Kopf schauten. 

An diesem Abend hatte ich gar keine Lust auf Brot und Fleisch. Wir reservierten einen Tisch auf der Terrasse des campeigenen Restaurants. Der griechische Salat war lecker und auch Marcus traf mit seinem Menü ins Schwarze. Nur meine Nudeln mit Pilzsauce liessen zu wünschen übrig. Die nette Kellnerin nannte die Teigwaren „Täglitell“ (Tagliatelle) und brachte uns damit zum Schmunzeln.

14. August 2010: Krüger Nationalpark (Letaba – Shingwedzi)

Die Fahrt über die Letaba River Road war wenig ergiebig. Auf dem Tsendze Loop stiessen wir auf eine grosse Elefantengruppe. Dankbar, endlich wieder Tiere zu sehen, beobachteten wir die Herde lange. Nach einer Weile verliessen sie das Flussbett, wo sie ihren Durst stillten, denn ihre Lieblingsspeise lockte sie in unsere Nähe. Es war offensichtlich, dass sie bald auf die andere Strassenseite wechseln würden, denn dort war das Angebot grösser. Deshalb fuhren wir ein bisschen vor, um uns einen (vermeintlichen) Fluchtweg zu sichern und stellten den Motor ab. Als wir realisierten, dass die Elefanten die Strasse nicht hinter sondern vor uns passieren wollten und uns damit den Fluchtweg abschnitten, war es bereits zu spät… Nun hiess es ruhig bleiben, hoffen und beten. Nur wenige Sekunden später verliess die Matriarchin als erste die Deckung. Sie konnte uns riechen. Mit ausgestrecktem Rüssel kam sie neugierig auf uns zu. Marcus filmte das Ereignis und bemerkte dabei nicht, wie nahe uns die Dickhäuter auf die Pelle gerückt waren. Je näher die grauen Riesen kamen, desto weiter zoomte Marcus bei der Videokamera heraus. Am Anschlag angekommen, wich er immer weiter in seinen Sitz zurück. Mir blieb das Herz stehen. Die nächsten Schlagzeilen der lokalen Zeitung schossen mir durch den Kopf – Touristenauto von Elefanten zertrümmert oder so ähnlich. Auf knapp 2m Distanz stoppte die Matriarchin endlich. Eine zweite Elefantenkuh stellte sich direkt neben sie. Nun wurde es dunkel. Obwohl sie einen friedlichen Anschein machten, war mir äusserst unwohl bei dem Ganzen. Zur Ablenkung hob ich zwischendurch die Kamera. Die Elefanten waren für mein Teleobjektiv bereits viel zu nahe, aber ich konnte das Auge der Leitkuh perfekt ablichten. Nach einer gefühlten Ewigkeit liess die Matriarchin von uns ab und führte ihre Herde weiter. Im Nachhinein war dieses Erlebnis für mich das Schönste und Intensivste der ganzen Reise, obwohl es zwischenzeitlich ganz schön unheimlich war. Die Matriarchin strahlte eine besondere Ruhe, Harmonie und Frieden aus, die mich zutiefst berührte. Wir waren überglücklich, dass uns die Anführerin einen kurzen, innigen Einblick in ihr Leben gewährte.

Es war bereits 15.00 Uhr und ideale Zeit für Beobachtungen, als wir in den Red Rocks Loop abbogen. Schon bald wurden wir belohnt. Eine grosse Büffelherde kehrte soeben von einem Schlammbad zurück. Gleich danach trafen wir auf einen ziemlich übellaunigen Elefanten in «Must» direkt neben der Strasse. Der Bulle verstand keinen Spass und uns blieb nur die Flucht nach vorne, bevor er unser Auto rammte. Das war vielleicht Adrenalin pur! Er verfolgte uns sogar noch ein Stückchen auf der Strasse. Diese Begegnung fuhr mir ziemlich ein und mein Respekt vor den Dickhäutern wuchs drastisch. Von dieser Begegnung musste ich mich erstmals erholen. Wir gingen es ruhig an. In einem ausgetrockneten Flussbett lag ein Leopard im weichen Sand. Ich sah ihn allerdings erst, als ich schon fast auf Augenhöhe mit ihm war. "Ein Leopard" flüsterte ich, aber Marcus reagierte nicht. Ich stupste ihn und als er die bildschöne Raubkatze sah, war er Feuer und Flamme. Der Leopard blieb nicht lange liegen, dennoch gelangen uns ein paar geniale Fotos. Es war weit und breit kein anderes Fahrzeug zu sehen, wir hatten den Leopard also ganz für uns alleine. Das nenne ich echtes Pirschglück! Auch Nyalas, Kudus, Zebras und Impalas sahen wir auf dieser Strecke massenhaft. Nun mussten wir uns aber auf den Heimweg machen, so schön es auch war. Wir sahen schon eine Weile keinen Wegweiser mehr und wussten deshalb nicht genau, wo wir uns befanden. Bei einer Verzweigung war dann Shingwedzi mit 33 km veranschlagt. Uns fiel das Herz in die Hose, das würden wir (bei einer erlaubten Maximalgeschwindigkeit von 40 km/h auf Schotterstrassen) niemals rechtzeitig schaffen! Wir mussten im Kreis gefahren sein, ohne es bemerkt zu haben. Wie der Teufel düsten wir die letzten Kilometer zurück (schade, dass wir auch auf ein Foto zweier prächtiger Kuduböcke verzichten mussten) und "flogen" kurz nach 18.00 Uhr durch das schon halb geschlossene Tor. Den Einschluss hätten wir fast verfehlt! Dann besorgten wir noch schnell das Nötigste im Shop. Das Camp war hübsch, komfortabler als Letaba und hatte eine offene Küche mit gemütlicher Sitzgelegenheit. Dennoch "glustete" mich der griechische Salat, denn ich wusste, dass alle Restaurants in den Rastlagern die gleiche Speisekarte haben. Das Restaurant war schlecht besetzt, ob das wohl mit der schlechten Bedienung zusammen hing? Das Personal war jedenfalls unfreundlich und lustlos, aber uns lockte ja der Salat. 

Zurück im Bungalow schrieb ich Tagebuch, während Marcus auf seinem iPhone spielte. Danach sortierten wir noch die Fotos aus, denn wir mussten mit Schrecken feststellen, dass 14GB Speicherkapazität immer noch nicht genug sind. Auf dem Dach hörten wir ein seltsames Geräusch. Wir fragten uns, welches Tier im Dachgiebel wohl so sein Unwesen treibt. Wir wussten es nicht. Jedenfalls war es ziemlich eklig, als plötzlich nasse Tropfen auf meinem Fuss landeten. Meine Bettsocken waren somit hinüber. Ich schob die Betten aus dem "Schussfeld" und kroch mit einer warmen Fleecejacke unter die Decke. Zu blöde, dass wir unsere Schlafsäcke nicht mitgenommen haben. Aber die Tage waren genug anstrengend, so dass ich auch bei diesen tiefen Temperaturen relativ gut schlafen konnte.

15. August 2010: Krüger Nationalpark (Shingwedzi)

Nachdem wir am Vortag einen erfolgreichen Gamedrive im Süden bei den Red Rocks hatten, versuchten wir erneut unser Glück in dieser Region. Aber auf einen lebhaften Tag folgt meistens ein ruhiger. So war es dann auch. Wir sichteten, abgesehen von einigen Impalas und einsamen Elefantenbullen, gar nichts. Wir fuhren zurück Richtung Shingwedzi, als wir Autos auf der Strasse stehen sahen. Sofort scannten wir die Umgebung und erblickten ein nervöses Löwenmännchen direkt vor uns. Er rannte rastlos hin und her, als würde er etwas suchen und attackierte unter lautem Knurren ein Fahrzeug. Ich hatte noch nie einen Löwen mit solch schlechter Laune gesehen. Es war richtig beängstigend. Als er sich etwas beruhigte, lief er zielstrebig ins ausgetrocknete Flussbett hinunter, wo wir kurze Zeit später seine Herzdame entdeckten. Sie paarten sich mehrere Male in kurzem Abstand. Auch an diesem Tag zeigten die meisten Touristen keine Geduld und verliessen bald darauf den Ort. Naja, uns konnte es Recht sein. Eine südafrikanische Familie stellte ihren Jeep neben den unseren, als ich erneut Löwengebrüll hörte. Überrascht scannten wir die Umgebung, konnten aber auf den ersten Blick nichts erkennen. Erst jetzt realisierten wir, dass die Geräusche aus dem Lautsprecher des Jeeps kamen. Da wurde mir auch klar, weshalb der Pascha vorhin so aggressiv reagierte. Es klang wirklich überraschend echt. Mittlerweile durchschaute der Löwe aber die Falle und blieb ruhig neben seinem Weibchen liegen. Erst als sie auf der anderen Seite das Flussbett verliessen und sie aus unserem Blickfeld verschwanden, zogen wir mit gedämpfter Stimmung weiter. Der Mensch ist wie immer der Störfaktor. Schade.

Die Sonne brannte herunter und die Tiere flüchteten vor der Mittagssonne in den Schatten. Es hatte keinen Zweck, während dieser Zeit im Busch herumzufahren. So kehrten wir zurück ins Camp und genossen seit langem wieder mal ein Mittagsschläfchen. Das tat gut, denn die langen Fahrten waren zwar schön, aber auch anstrengend. Um 15.30 Uhr brachen wir nochmals zu einer kleinen Runde auf, aber nicht ohne uns vorher an der obligatorischen Tafel an der Rezeption informiert zu haben, was wo in der Gegend gesichtet wurde. Leider war im Busch immer noch nichts auszumachen, wir hatten erneut eine Leerfahrt. Dank der Löwenbeobachtung war es aber trotzdem ein erfolgreicher Tag für uns.

Am Abend hörten wir ganz in der Nähe des Rastlagers zwei Löwen brüllen. Der Sound liess mein Herz höherschlagen. Gespannt lauschte ich den Rufen, die sich in unregelmässigen Abständen wiederholten. Das ist das beste Schlaflied, das es gibt. Zufrieden sank ich in einen tiefen Schlaf. 

16. August 2010: Krüger Nationalpark (Shingwedzi – Punda Maria)

Um 6 Uhr versuchten wir unser Glück auf dem kurzen Lamont Rundweg nahe dem Camp, auf dem anscheinend die Chancen auf Leoparden nicht schlecht stehen. Aber es war still. Marcus überzeugte mich, nochmals einen Versuch bei den Red Rocks zu wagen. Wir kamen jedoch nicht weit, denn wieder sahen wir fast an gleicher Stelle wie am Vortag ein kräftiges Löwenmännchen. Es waren schon ein paar andere Fahrzeuge vor Ort, aber das liess ihn nicht stören. Selbstbewusst lag er mitten auf der Teerstrasse und blockierte die Durchfahrt. Er war wahrscheinlich das zweite Oberhaupt des Löwenrudels, die in der Nacht zuvor lautstark zu verstehen gaben, wer hier der König der Tiere ist. Er hatte eine dunkle Mähne und eine geschwollene Unterlippe. Auch die beiden sich paarenden Löwen konnten wir nochmals kurz im Gebüsch sehen. In der Ferne hörten wir Löwenrufe, auf die der Pascha leise antwortete. Später führte er uns im Zickzack herum, als würde er den blöden Touristen die gemeine Falle vom Vortag heimzahlen. Dennoch konnten wir schnell reagieren und folgten ihm weiter auf den Fersen. Seine Antworten wurden lauter und das tiefe Brüllen faszinierte, auch wenn es noch nicht die volle Lautstärke war. Nach 1.5 Stunden verabschiedeten wir uns schliesslich von den Löwen und machten uns auf den Weg nach Punda Maria. 

Das erste Stück fuhren wir auf dem asphaltierten Hauptweg und die restlichen 31 km nahmen wir den Babalala Weg (S56). Dieser Weg führte entlang des Mphongolo-Flusses, der zwar ausgetrocknet war, aber dennoch ein wunderschönes Flussbett hatte.

In Punda Maria klapperten wir den Mahagoni-Rundweg ab, der leider nicht sonderlich ergiebig war. Wir entdeckten zwar viele Nyalas, aber die für mich faszinierenden Böcke hielten sich alle versteckt hinter den Büschen auf, egal wie lange wir warteten. Es war frustrierend, zu gerne hätte ich ein Foto von dieser seltenen Antilope gemacht.

Unser Rondavel in Punda Maria fiel etwas bescheidener aus als am Vorabend, aber es war sauber und zweckmäßig und wir blieben von den sägenden Geräuschen der unbekannten Kreatur verschont.

17. August 2010: Küger Nationalpark (Punda Maria) – Tuli Block (Mashatu Tented Camp)

Wie immer verliessen wir kurz nach Toröffnung das Camp. Heute stand die Tour über Pafuri bis Pont Drift in Botswana auf dem Plan, wo uns ein Ranger des Mashatu Camps abholen sollte. Aber eines nach dem anderen… Unterwegs zur Parkgrenze stoppten wir für eine grosse Gruppe Dickhäuter. Elefanten aller Grössen und Gewichtsklassen kämpften und ringten direkt vor uns auf der Fahrbahn. Es war interessant und amüsant, beim „Elefanten-Schwingfest“ zuzusehen. Überall um uns herum wimmelte es von grauen Riesen und es war nicht einfach, den Überblick zu behalten. Sie waren aber mehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie uns beachteten. Plötzlich trompeteten sie wild und rannten wie von einer Tarantel gestochen davon. Wahrscheinlich sahen oder rochen sie Löwen, die eine Bedrohung für die Jungen sein könnten. Die Elefanten waren lustig, sowohl beim Spiel als auch beim Sprint. Kurz vor dem Pafuri Gate konnten wir endlich einen Nyalabock fotografieren. Dann hiess es Abschied nehmen vom Naturparadies Krüger. Unsere Befürchtungen, dass der Park zu touristisch sein könnte, hatten sich nicht bewahrheitet oder zumindest war es für uns nicht ersichtlich. 

Auf der Fahrt nach Botswana waren streckenweise viele Baobabs mit beeindruckender Grösse zu sehen. Ansonsten war die Verschiebung unspektakulär und wir trafen sogar 30 Minuten vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt bei der Grenze in Pont Drift ein. Dort wartete schon der Fahrer der Mashatu Lodge auf uns. Wir liessen unser Auto stehen und überquerten zuerst in einer Seilbahn den Fluss. Somit war unsere Frage, weshalb wir nicht bis zur Lodge fahren konnten, bereits beantwortet. Zudem waren die Wege im Konzessionsgebiet das reinste Labyrinth und die Strassenverhältnisse schlecht, sodass sie mit normalen Personenwagen nicht passierbar gewesen wären.

Im Camp angekommen wurden wir erstmals zu unserem Zelt für die nächsten drei Nächte geführt. Wir waren begeistert! Dusche und Toilette befanden sich angrenzend zum Zelt und hatten Freiluftcharakter, Holzlatten garantierten dabei Privatsphäre. Die Unterkunft war überaus idyllisch, authentisch und mit (für unseren Geschmack) genug Luxus ausgestattet. Zeltübernachtungen sind für uns unübertrefflich und so war diese letzte Station der absolute Höhepunkt. Nach einer kurzen Erfrischung trafen sich alle Gäste für ein Zvieri in der Lounge. Das Essen war vorzüglich und nach sieben Tage einfachen Mahlzeiten stürzten wir uns regelrecht aufs Buffet. Danach ging es mit Richard, unserem Ranger mit 23 Jahre Buscherfahrung, und drei Belgier zum Geländefahrzeug. Da wir aus Erfahrung wussten, dass die erste Sitzreihe die beste Sicht ermöglicht (aber mit Abstand am wenigsten Beinfreiheit hat), entschieden wir uns für diese Sitzplätze. Schon früh auf dem Gamedrive kamen wir in den Genuss von feinstem Off-Road-Vergnügen. Es machte eine Menge Spass, in den steinigen und vorübergehend ausgetrockneten Flussbetten zu fahren und über steile sandige Hänge hinauf und hinunter zu tuckern. Wir staunten immer wieder über die Leistung des Land Rovers. Richard erzählte uns viel über die Vegetation und die Tiere. Er war per Funk mit den anderen Rangern verbunden, trug aber einen Kopfhörer, damit die Gäste von den Durchsagen nicht belästigt wurden. Neben dem "Üblichen" sahen wir zu Beginn nichts aufregendes, aber die abwechslungsreiche Landschaft machte dies wieder wett. Besonders die dunkelgrünen Mashatu-Bäume setzten hübsche Farbakzente. Dann sagte Richard ganz trocken "there is a leopard in the tree". Was? wo? Wir waren aufgeregt, aber konnten nichts erkennen. Wie viele Male fuhren wir wohl an Raubtieren vorbei im Krüger, ohne sie erkannt zu haben, schoss es mir durch den Kopf. Als wir näherkamen, konnte ich die Katze auch sehen. Es war perfektes Licht und die Abendsonne liess ihr Fell in wunderschönen Farbtönen erscheinen. Die Leopardin döste friedlich vor sich hin. Schon nach kurzer Zeit wollte Richard den Ort für einen Sundowner verlassen, um anderen Gästen auch die Chance zu geben, den Leopard zu sehen. Die Belgier hatten schon genug gesehen und willigten sofort ein. Das verstehen wir nicht. Wie kann man nach 10 Minuten bereits genug haben von einem Leoparden? Solche Leute gehören unserer Meinung nach nicht in den Busch. Wir waren enttäuscht und schworen uns, das nächste Mal zu insistieren. Nach den Drinks waren die Lichtverhältnisse nicht mehr optimal und unser Objektiv zu schwach für gute Aufnahmen. Nur die Videokamera funktionierte noch einwandfrei. Ganz oben in der Baumkrone eines kleineren Baums entdeckte ein anderer Ranger den Nachwuchs der Leopardin. Die Schlafposition sah alles andere als bequem aus, aber es fühlte sich offensichtlich nur dort oben sicher. Nachdem die Mutter vom Baum hinunter kletterte, verliessen wir den Ort mit gemischten Gefühlen. Einerseits freuten wir uns riesig, ein Leopard auf dem Baum gesehen zu haben, zumal dies ganz zuoberst auf Marcus' Liste stand. Andererseits bereuten wir es, keine vernünftigen Bilder zu haben, als sich die Katze in Bewegung setzte. Uns blieb nur die Hoffnung auf eine zweite Chance.

Im Scheinwerferlicht sahen wir noch eine Ginsterkatze und zwei Hyänen. Auf der Rückfahrt war es sehr kalt. Das Abendessen war wiederum einwandfrei und der Salat mit leckerem Dressing ein wahrer Genuss! Es war ein anstrengender Tag und wir gingen früh zu Bett. Als kleine Überraschung lag eine warme Bettflasche unter dem Leintuch. Trotzdem froren wir beide in der Nacht. Es war wirklich bitterkalt.

18. August 2010: Tuli Block (Mashatu Tented Camp)

Später als gewohnt starteten wir um 6.30 Uhr unseren Gamedrive. In diesem Gebiet gab es ungeheuer viele Elefanten und so sahen wir mehrere Grossfamilien. Elefanten standen auf der gesamten Fahrt im Zentrum. Von einer Anhöhe aus konnten wir viele Herden beobachten, die alle in die gleiche Richtung marschierten. Solche Szenen kannten wir bisher nur aus dem Film, jetzt durften wir es selber erleben. Fantastisch!

Zum Abschluss der Pirschfahrt sahen wir noch zwei Löwenbabys im Alter von fünf Monaten. Ohne den Schutz und die Sicherheit ihrer Mutter fühlten sich die beiden Schwesterchen unwohl. Deshalb konnten wir nicht so nahe wie gewohnt an die Kätzchen heranfahren. Sie sahen hungrig aus und wir hofften für sie, dass ihre Mutter bald Beute macht. Diese hatte sich offenbar mit ihrer Schwester verbündet, um die Erfolgschancen auf der Jagd zu erhöhen. Die Babys trinken keine Milch mehr und brauchen dringend Fleisch zum Überleben, aber die Beute muss gross genug sein, um vier Mäuler zu stopfen.

Am Nachmittag stand der Predator Drive auf dem Programm. Der Forscher verlor jedoch kürzlich ein Leopard und bei den anderen Löwen und Leoparden, denen er zu Forschungszwecken einen Sender um den Hals legte, war die Batterie tot. Es gab also nichts zum Aufspüren. Er zeigte uns die beiden Käfige, die er zum Einfangen der Leopardenmännchen verwendet, um die Sender zu erneuen. Leider war noch ein kleiner Junge auf der Fahrt mit von Partie, der unaufhörlich plapperte und somit die Aufmerksamkeit des Forschers hauptsächlich auf sich lenkte. Wir bedauerten dies sehr, denn wir hätten uns mehr Informationen über das Projekt und die Arbeit des Forschers gewünscht. Da beruhigte uns die Nachricht wenigstens ein kleines bisschen, dass die anderen Gäste auf dem regulären Gamedrive auch nichts gesehen haben.

Ein gigantischer Sternenhimmel überspannte das Firmament. Auch heute Abend war es empfindlich kalt und es versprach noch eine eisige Nacht zu werden. Wir bestellten noch je eine weitere Wolldecke (schlussendlich hatten wir sieben Bettlaken) und kuschelten uns nach dem köstlichen Abendessen dank Bettflasche ins vorgewärmte Bett. Die Akustik war wunderbar, denn Grillen präsentierten uns ein lautes Konzert und zirpten uns in den Schlaf.

19. August 2010: Tuli Block (Mashatu Tented Camp)

Wie schon die Tage zuvor wurden wir mit einem freundlichen „knock knock“ durch einen Ranger geweckt. An diesem Morgen führte uns Justice in den Busch. Lange sahen wir nichts, was unser Herz hätte höherschlagen lassen. Dann trafen wir nochmals auf die beiden Löwenbabys vom Vortag. Sie waren in der Zwischenzeit an einem anderen, ca. 1 km entfernten Platz. Die Löwenmutter musste also in der Nacht zurückgekommen sein, dennoch sahen sie noch immer hungrig aus. Wir konnten nur kurze Zeit bei den Kätzchen bleiben, denn die einzige Sorge unseres Rangers war, dass wir rechtzeitig fürs Frühstück zurück ins Camp kommen. Aber wen kümmert das schon, wenn wir hier die Möglichkeit hatten, Löwen zu beobachten? Er war nicht davon abzubringen und fuhr weiter. Aber wir hatten den Eindruck, dass er etwas sucht. Komisch, wollte er doch vorhin unbedingt zurück. Kurze Zeit später erkannten wir auch den Grund dafür: Per Funkspruch wurde ihm die Stelle zweier Löwinnen durchgegeben. Auch die durften wir nur ganz kurz sehen. Ich lenkte Justice noch mit ein paar Fragen ab und ermöglichte Marcus dadurch, einige Fotos mehr zu knipsen. Dann fuhr der Ranger zügig zurück zum Camp. Wir verstanden die Hetzerei nicht, schliesslich waren wir nicht mal die Letzten.

Nach dem ausgiebigen Frühstück legte ich mich erstmal aufs Ohr. Danach schrieben wir Postkarten, packten ein bisschen und genossen eine warme Dusche. Für die Nachmittagspirsch war Richard zurück. Zum ersten Mal sahen wir Strausse in Mashatu. Danach entdeckte unser Ranger vier Löwen, davon zwei ausgewachsene Löwinnen und zwei Jungtiere, wobei eines 1.5 Jahre und das zweite acht Monate alt war. Richard musste das Alter in seinem kleinen Notizbüchlein nachschlagen. Wir waren wieder beeindruckt über die Entdeckung. Richard hatte wirklich ein ausgezeichnetes Auge. Wir fuhren etwas weiter und stiessen auf die Mutter der Löwenbabys und ihre Schwester. Sie lagen faul im Schatten eines Strauches. Via Funk bekam Richard die Nachricht, dass auf der anderen Seite des ausgetrockneten Flussbetts ein Leopard gesichtet wurde. Wir beeilten uns natürlich. Bei unserer Ankunft kletterte die Leopardin soeben auf den Baum. Dann entdeckten wir ihren kleinen Schützling auf dem Boden, der ihr bald folgte. Die beiden schmusten und der Kleine biss in Mamas Schwanz. Er war entzückend! Die beiden suchten sich ein bequemes Plätzchen, wurden aber nervös, als die Paviane Alarm gaben. Das irritierte die Mutter und es war nicht klar, ob sie nach unten oder weiter nach oben wollte. Irgendwie erschien ihr dann aber der Sprung auf den anderen Ast zu gewagt und so legte sie sich schliesslich bei der Astgabelung hin. Auch an diesem Abend war es bereits zu dunkel für unsere Kamera, nur die Videokamera liess uns nicht im Stich. Vielleicht sollten wir für die nächste Safari doch in ein lichtstärkeres Objektiv investieren... Trotzdem, es war ein gelungener Abschluss!

Zurück im Camp genossen wir das Abendessen und legten uns früh schlafen. Im Bett lauschte ich ein letztes Mal dem Abendkonzert der Grillen. Am liebsten hätte ich dieses Feeling für immer festgehalten, so toll waren die Geräusche.

20. – 21. August 2010: Tuli Block (Mashatu Tented Camp) – Johannesburg - Zürich

An diesem Morgen waren wir alleine auf dem Gamedrive. Wir sahen nochmals viele Elefanten, die kleineren und grösseren Gruppen angehörten. Im ausgetrockneten Flussbett hatten sie es dann ganz eilig, möglichst schnell die offene Ebene zu durchqueren. Tapfer versuchten die kleineren Elefäntlein, mit den Grossen Schritt zu halten. Dabei trompeteten alle wild. Überhaupt war es an diesem Morgen sehr laut im Busch. Man hatte das Gefühl, die Elefanten waren überall.

Gegen 9.30 Uhr hiess es endgültig Abschied nehmen von Mashatu. Ein Ranger brachte uns zur Grenze zurück, wo wir in unseren eigenen Wagen umstiegen und den sechsstündigen Weg zurück nach Johannesburg in Angriff nahmen. 

Nach der langen Fahrt retournierten wir unser Fahrzeug bei Budget am Flughafen. Der Toyota Avanza hatte sich bewährt, hat er uns doch 3'000 km durch die Gegend kutschiert, ohne auch nur ein einziges Mal zu stöhnen, zu stottern oder gar zu streiken. 

Nach dem Check-in kauften wir noch rasch zwei Zeitungen, um die Holzgiraffen sicher für den Transport einzuwickeln. Klebeband hatten wir nicht dabei, aber Zahnseide erfüllte auch ihren Zweck. Vor lauter Packerei vergassen wir die Zeit. Es dauerte eine Ewigkeit, bis wir die Passkontrolle hinter uns liessen, waren doch lediglich zwei Schalter geöffnet. Uns blieben noch zehn Minuten übrig bis zur Schliessung des Gates. Ich war richtig ausser Atem, als wir beim Flugsteig ankamen. Das Bodenpersonal begann jedoch erst bei unserer Ankunft mit dem Boarding. Trotzdem waren wir froh, rechtzeitig ins Flugzeug steigen zu können. So konnten wir unsere Giraffen sicher und mit genügend Polster im Handgepäck verstauen. Es war der gleiche Maschinentyp wie auf dem Hinflug. Am Fenster sass ein netter Herr. Marcus nahm den Gangplatz und ich setzte mich in der Mitte hin. Der Rückflug war schrecklich. Ich fühlte mich komplett eingepfercht und konnte kaum schlafen. Um 3.30 Uhr wurden wir fürs Frühstück geweckt. Ich war gerädert. Auf einer nächsten Afrikareise werden wir auf den Meilenflug verzichten und den Direktflug mit Swiss buchen. Die Strapazen (Flugzeugtyp und Umweg via Frankfurt) lohnen sich einfach nicht.

Es war nun meine sechste Reise nach Afrika und trotzdem habe ich das Gefühl, erst einen kleinen Bruchteil gesehen zu haben. Es gibt so viele traumhafte Plätze, an denen man das Gefühl für Raum und Zeit verliert, eins wird mit der Natur und sein „richtiges“ Leben für einen Moment vollständig vergisst. Afrika wird immer einen festen Platz in meinem Herzen haben und ich freue mich schon jetzt auf das nächste Abenteuer.

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Rhino-Mania

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Abenteuer zwischen roten Sanddünen